Manfred Junker's Journey Within feat. Barbara Balzan

Manfred Junker's Journey Within feat. Barbara Balz
Manfred Junker's Journey Within feat. Barbara Balz

Schaffhausen/CH, Nudel 26, 16. März 2012

Mit einer gewissen Regelmäßigkeit widmet der Konstanzer Gitarrist Manfred Junker ganze Konzert- und CD-Programme dem Werk eines einzelnen Komponisten.

Über die letzten Jahre hat er sich so - im Wechsel mit Programmen, die vollständig oder zu einem großen Teil seine eigenen Kompositionen herausstellten - mit den Werken von Cole Porter (2001), Richard Rodgers (2004) und Charlie Chaplin (2007) auseinandergesetzt.

 In seinem aktuellen 2012er Programm, das Mitte März in Schaffhausen Premiere hatte, geht es nun ausschließlich um den Pianisten Bill Evans, der in den 50er bis 70er Jahren eine ganze Reihe großartiger Kompositionen zum modernen Jazzrepertoire beigesteuert hat, die er bekanntlich vorzugsweise solo, im Klavierduo (mit Overdubs) und im Klaviertrio eingespielt hat. Hinzu kommen seine Beiträge für Miles Davis, deren Urheberschaft - wirklich Miles, wie auf den Platten angegeben, oder doch Evans? - nie wirklich geklärt wurde.

In seinen Bearbeitungen von Evans-Stücken verzichtet Manfred Junker auf ein Klavier und setzt ausschließlich auf Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug. Nun findet man natürlich durchaus hin und wieder klavierlose Evans-Adaptionen (z.B. bei Howard Alden, John McLaughlin, Paul Motian) ebenso wie Vokalversionen (Eliane Elias mit diversen Evans-Stücken, Judy Niemacks wundervolles 'Time remembered'; dazu eine beträchtliche Zahl an Gesangsversionen von 'Waltz for Debby'), aber in seiner Konsequenz dürfte Manfred Junkers Ansatz doch ziemlich einzigartig sein: Mir ist zumindest kein Fall bekannt, wo ein ganzes Evans-Programm - mal abgesehen von 'Nardis', das als Opener rein instrumental gebracht wurde - vollständig auf Stimme plus Trio zugeschnitten wurde.

Manfred Junker hat sich für dieses ambitionierte Projekt mit der Schweizer Sängerin Barbara Balzan zusammengetan, die vom ersten Ton an das Publikum mit ihrer variantenreichen Altstimme fesselte. Mit eindrucksvollem Tonumfang (ich musste mich schon fragen, ob ich ihr mit 'Altstimme' eigentlich gerecht werde) gestaltete sie stilistisch weit gefächerte kompositorische Juwelen wie 'Turn out the stars', 'Time remembered', 'In April', 'Peri's scope' und 'Interplay' und erwies sich als äußerst intonationssicher auch in schwierigsten Passagen (von denen sich in Manfred Junkers Arrangements so einige finden ...). Highlights gab es viele - besonders herauszustellen vielleicht die temperamentvolle Improvisation in 'Very early' und eine exzellent gemeisterte, rhythmisch und melodisch extrem herausfordernde, langgezogene Unisono-Passage mit der Gitarre in 'Letter to Evan'. Und schließlich 'Remembering the rain', im Duo mit der Gitarre, mein persönlicher Favorit an diesem Abend.

Manfred Junkers Arrangements loten die Kompositionen von Bill Evans kreativ aus und interpretieren sie eigenständig weiter. Manches Stück wird kräftig umgekrempelt, und das nicht nur, wenn aus einem Walzer (natürlich dem für Debby) einfach mal ein 5/4-Takter wird. Manfred geht das gesamte Programm mit einem sehr gitarristischen Ansatz an. Er schöpft die stilistischen und klanglichen Mittel des Instruments umfassend aus, begleitet und soliert abwechslungs- und einfallsreich. Dabei unternimmt er gar nicht so sehr den Versuch, Evans' Klavierstil auf der Gitarre zu imitieren, obwohl sich natürlich die typischen Voicings ebenso finden wie auch gelegentliche Klangflächen (hier sei erneut 'Remembering the rain' genannt). Vielmehr hat er Evans' Kompositionen ausgesprochen geschmackvoll in einen konsequent gitarristischen Kontext übertragen, so dass man nie das Gefühl bekommt, dass ein Klavier fehlen würde.

Matthias Daneck, mit dem Manfred Junker schon lange zusammenspielt, zeigte sich erneut als ein sehr differenzierter, ausgesprochen 'musikalischer' Schlagzeuger mit viel Sinn für Klanggestaltung, der dann beim abschließenden 'My bells' auch mal kräftiger zulangen durfte. Eine absolute Meisterleistung lieferte an diesem Abend der Mann am Bass ab: Nachdem Arne Huber, der Stammbassist dieser Besetzung, am Morgen des Premierentages krankheitsbedingt absagen musste (es muss ihm wirklich dreckig gegangen sein...), ist der Züricher Kollege Christoph Sprenger kurzfristig eingesprungen und hat sich innerhalb weniger Stunden in die komplexen Arrangements von Stücken eingearbeitet, die man ja auch nicht unbedingt jeden Tag spielt. Ein Sonderapplaus für diese grandiose Leistung!

Für die Premiere dieses anspruchsvollen Programms, das nicht nur die Musiker, sondern auch die Hörer fordert, hat sich Manfred Junker die "Nudel 26" ausgesucht, ein kleines Restaurant in der Altstadt von Schaffhausen. Die Besitzerin Martina Ronner tischt hier mit ihrem netten Service-Team nicht nur sehr schmackhafte Nudelkreationen nebst ausgesuchten regionalen Weinen auf, sondern hat für ein sympathisches und sehr sachkundiges Publikum auch einen wirklich feinen Jazzclub auf die Beine gestellt. Ein Mal pro Woche präsentiert Martina ein attraktives Programm mit hochkarätigen Künstlern, überwiegend aus der Schweiz und Süddeutschland. Ein sehr schöner neuer Veranstaltungsort, der einen Besuch unbedingt lohnt.

Manfred Junkers neues Programm hat noch viele Live-Auftritte verdient und muss definitiv auch auf CD festgehalten werden. Weitere Auftritte sind bereits für den Sommer und den Herbst geplant und können unter www.manfredjunker.com abgefragt werden. Und wie man hört, steht im Herbst eine Aufnahmesitzung an. Da hat man doch wieder etwas, worauf man sich freuen darf!

Dr. Michael Herweg