Klaus Sye

Klaus Sye
Sya Acoustic Trio

Klaus Sye, ein ruhiger Archtop-Spieler und Komponist, liebt Jim Hall und klassische Musik. Es ist ihm wichtig, mit eingespielten Besetzungen zu musizieren.

Die Arbeit mit seinem “Acoustic Art Trio” resultierte in der CD “filigran”, die von Archtop Germany zur CD des Jahres 2004 und bei AGAS zur CD des Monats April 2005 erklärt wurde. Grund genug, diesen Musiker ein wenig besser kennenzulernen:.

 

 

Klaus, wie bist du überhaupt auf Archtops gekommen?

Ich bin ca. 1955 zum Jazzgitarrespielen gekommen und da war die Archtop DIE Gitarre für diese Musik. Ich kann mich nicht erinnern, damals über irgend eine andere Gitarrenbauweise nachgedacht zu haben. Vielleicht fehlten mir auch entsprechende Informationen. Alle Gitarristen, die ich in den Fünfziger Jahren live erlebt habe, spielten Archtops.

Welchen Stellenwert nehmen Archtops, gemessen an deinem gesamten öffentlichen Gitarrenspiel, ein?

Einige Jahre ( so in den Siebziger Jahren ) habe ich auch halbakustische Instrumente z. B. 335 gespielt, bin aber immer wieder reumütig zur Archtop zurückgekehrt.

Welche Archtops besitzt du?

Ich habe zwei DÁquistos, die Jim vor 12 Jahren für mich speziell gebaut hat. Eine davon nach meinem eigenen Entwurf.

Welche davon ist/sind dein/e Favorit/en im musikalischen Einsatz und warum?

Meine beiden DÁquistos. Weil sie unübertroffen gut sind.

Welche Saiten spielst du darauf?

Auf der mit dem Guild Humbucker: DÀddario Half round Series II, auf der ohne Pickup: D`Aquisto Brass Masters.

Welchen Amp bevorzugst du im Livebetrieb für deinen Archtop-Sound?

Wechselweise Trace Acoustic TA 100 S und Polytone Mini - Brute.

Wie nimmst du deine Archtops für Aufnahmen im Studio gerne ab?

Direkt.

Welches ist die beste Archtop, die du je in der Hand hattest?

Wiederum meine beiden DÁquistos.

Welche Archtop würdest du gerne einmal spielen?

Ich bin wunschlos glücklich mit meinen Instrumenten.

Klaus, du bist sicher einer der älteren Archtop-Spieler in Deutschland. Verrätst du uns dein Geburtsjahr?

Ich bin 1940 geboren.

Dann gab es in deiner Kindheit wohl nicht viel Jazz zu hören. Wie bist du auf diese Musik gekommen? Schließlich hast du ja bereits mit 15 Jazz gespielt.

Ich habe von meinem sechsten Lebensjahr an Violinunterricht ""genossen". Seit Anfang der Fünfziger Jahre gab es im Radio durchaus schon Sendungen, die zumindest "aufgeschlossenere" Tanzmusik brachten (u. A.Günter Fuhlisch, der ja eine Grußnote zu unserer CD beigetragen hat). Meine zehn Jahre ältere Schwester brachte mich dann aber zum Jazz. Man muß bedenken, daß 1953 das "Jazzbuch" von J.B. Behrendt als Taschenbuch in erster Auflage erschienen ist: eine meiner Lieblingslektüren seinerzeit. Anhand seiner Schallplattenvorschläge baute ich mir (soweit mein Taschengeldkontingent es zuließ) ein kleines Plattenarchiv auf. Daß ich damals schon Jazz gespielt habe, ist (den Umständen entsprechend) aus heutiger Sicht natürlich ein Euphemismus. Es gab so einige Versuche, aber es gab weder Lehrer noch Noten. Also: autodidaktische Versuche. Vor ca. 20 Jahren hat mein Freund Wolfgang Dörner, Jahrgang 1955, Gitarrist und mein Duopartner, der Musikwissenschaften an der Uni Hamburg und Jazz bei Diether Glawischnik an der Musikhochschule Hamburg studiert hat, sein erworbenes Wissen geduldig an mich weitergegeben. Hinzu kamen einige Unterrichtsstunden in Reharmonisation bei Horst Mühlbradt vor ca. 15 Jahren (was letztlich irgendwann auch zu seiner Bereitschaft, mit mir das "Acoustic Art Trio"
zu gründen, beigetragen hat).

 

Wie kam es eigentlich zur Gründung des "Acoustic Art Trio"?

Seit Mitte der Fünfziger Jahre habe ich in diversen Besetzungen gespielt. Vom Duo über Quartett, Sextett bis Bigband. Ich habe festgestellt, daß es fast immer der Gitarrist (nämlich ich) war, der den Bandgründer spielen mußte ( außer bei Bigbands - zum Glück, denn den riesigen Aufwand, so einen Laden zusammenzuhalten, möchte ich nicht erbringen müssen ). Vor etwa 7 Jahren bin ich bei Horst Mühlbradt mit dem Vorschlag, ein Trio zu gründen, auf offene Ohren gestoßen. Wir haben mit einigen Bassisten zusammengearbeitet. Diese konnten sich aber den materiellen Aufwand, in einer Besetzung zu spielen, bei der die Auftrittsmöglichkeiten in nur geringen Verhältnis zum Probenaufwand stehen, als junge aufstrebende

 

 

Berufsmusiker nicht leisten. So sind wir nun glücklich, mit Joachim Gerth einen Mitmusikanten gefunden zu haben, der sich (als Pensionär) unseren Luxus mit leisten kann. Und......, was natürlich besonders wichtig ist, wir passen menschlich sehr gut zueinander. Ansonsten spiele ich weiterhin mit Wolfgang Dörner (halbakustische Gitarre) seit fast 20 Jahren im Duo. Ein neuer Versuch, mit einem Vibrafonisten ein Quartett aufzumachen, scheiterte an zu verschiedenen musikalischen Auffassungen.

Mit der CD "filigran" deines "Acoustic Art Trio" hast du für das Jahr 2004 den Titel "Archtop-Germany CD des Jahres" gewonnen. Hatte das merkliche Auswirkungen für dich?

Die CD "Filigran" ist für mich mein bisher schönstes musikalisches Produkt und meine beiden Mitmusikanten und ich sind sehr stolz auf den Titel "Archtop CD des Jahres 2004". Der Titel hatte auf jeden Fall die Auswirkung auf mich, daß er eine persönliche Befriedigung gebracht hat. Natürlich haben wir versucht, den Titel in unsere Werbung für die CD einzubauen (z. B. kleine hinweisende Aufkleber auf der Schutzhülle). Die örtliche Presse hat auch Bezug darauf genommen. Ob das dem Absatz der CD genützt hat, kann ich noch nicht beurteilen, aber ich hoffe es.

 

Die CD ist doch ganz aktuell auf der AGAS-Webseite von Alexander Schmitz zur CD des Monats April gekürt worden. Ihr räumt die Titel richtig ab. Gibt es einen weiteren Aufkleber? ;-)

Die Ernennungen bei AGAS ist für uns ebenfalls eine große Freude und Befriedigung. Wir freuen uns besonders darüber, daß unsere (fröhlich absolvierten Bemühungen) bei angesehenen Fachleuten begeistertes (und für uns begeisterndes) Echo gefunden haben. Da Du den Hinweis auf AGAS in den Kommentar zur CD bei Archtop dankenswerterweise übernommen hast, ist mir der Aufklebertext " CD des Jahres 2004, Näheres dazu unter www.archtop-germany.de" eingefallen. Die CD sollte eigentlich eine Dokumentation unseres derzeitigen Standes unserer Arbeit sein und für Bewerbungen zu Auftritten bestimmt sein, bzw. bei Auftritten verkauft werden. Durch die Vorstellung bei Archtop bzw. bei AGAS haben wir noch kein merkliches Echo erfahren.

 

 

In deinem Spiel ist unüberhörbar der Einfluss von Jim Hall zu spüren. Erzählst du etwas über deine gitarristischen Einflüsse?

Bei meinen ersten Anfängen auf der Gitarre, Mitte der Fünfziger Jahre, hatte ich natürlich kein brauchbares Instrument. Meine erste Gitarre war eine "Wandergitarre" mit krummem Hals, die ich von einem Klassenkameraden gegen eine Dave- Brubeck-LP eingetauscht hatte. Später habe ich mehrmals in den Schulferien im Tiefbau gearbeitet und vom "erschufteten" Geld die erste einigermaßen brauchbare Gitarre gekauft, eine Framus, dann eine Hoyer. Damals beeindruckten mich Django Reinhard und Charly Christian, was aber sicherlich mit den rar zur Verfügung stehenden Platten zusammenhing. Auf einem Konzert in Kiel hörte ich zum ersten Mal Herb Ellis und im Rundfunk konnte man aus Deutschland Johannes Rediske, Attila Zoller, Werner Pöhlert und Ladi Geisler hören, alles Leute, die mir in ihrem Spiel unerreichbar schienen. Von den Vorgenannten würde ich Attila Zoller noch immer zu meinen Lieblingen zählen.

Nun aber meine jetzigen Idole: Na klar Jim Hall, er ist für mich der subtilste, intelligenteste und ideenreichste Jazzgitarrist. Wenn ich die Liste erweitere, gehören nicht nur Gitarristen zu den "Beeinflussern", sondern auch andere: Bob Brookmeier, Chet Baker, Art Farmer, Bill Evans, Paul Desmond, Sonny Rollins, Doug Rainey, George van Eps, Ben Webster, John Scofield, Ed Bickert , Carla Bley, Mick Goodrick (speziell wegen seiner Schrift "The advancing Guitarist"), Mundell Lowe. Dies als kleine spontane Auswahl, die natürlich zu ergänzen wäre durch Namen aus der klassischen Musik.

Ja, der klassische Einfluss. Der interessiert mich natürlich auch. Vor allem in Verbindung mit deinen Kompositionen. Mir ist bekannt, dass du zumindest zwei Suiten geschrieben hast, nämlich "Sonnenfinsternis" und "Toscana-Suite". Für welche Orchestrierung sind deine Suiten geschrieben?

Seit Kinderzeit im Elternhaus, in der Schule und beim Violinunterricht begleitete mich natürlich die klassische Musik. Auch heute höre ich mehr "Klassik" (wobei natürlich die Moderne einzuschließen ist) als Jazz. Beim "Ausüben" ist`s aber doch der Jazz. Eine zeitlang habe ich mich auch mit Generalbaßspiel beschäftigt, fand das aber nicht sonderlich anregend, weil das Verbotene in den dazugehörigen Regeln mir zahlreicher erschien als das Erlaubte. Besonders hervorzuhebende Komponisten (außer J.S. Bach) fallen mir nicht spontan ein; fast alle üben einen speziellen Reiz aus. Opern liegen mir nicht sonderlich. Einige Interpreten liebe ich allerdings besonders: Gidon Kremer, Arthur Schnabel, Glenn Gould, Nikolaus Harnoncourt. Das mit den eigenen Kompositionen möchte ich nicht allzu hoch angesiedelt sehen. Im Prinzip ist es doch so, daß der Jazzinterpret bei jedem Chorus eine "Spontankomposition" abliefert. Irgendwann zwackt es einen, einiges aufzuschreiben und man lernt mit der Zeit, es auch richtig aufzuschreiben. Ich laufe bei Spaziergängen mit dem Hund durch den Wald und mir kommt hin und wieder eine Melodie oder ein Klang in den Kopf, der dann aufgeschrieben wird; manchmal ist das Ergebnis dann sogar ganz nett. Die beiden Suiten waren ursprünglich gedacht für Jazzensemble mit Streichern, ich habe sie aber dann für verschiedene Besetzungen umarrangiert.

Du hast, genau wie ich selbst, einen ganz "normalen" Beruf (Architekt) und hast es trotzdem geschafft ein sehr beachtlicher Musiker zu werden: Komponist, Arrangeur, Instrumentalist... Ist dir das schwer gefallen? Wie hast du dieses "Doppelleben" in den Griff bekommen?

Das "Doppelleben" Architekt und Musikant hat mir nie Schwierigkeiten gebracht. Ich habe beide Aktivitäten immer als sich gegenseitig ergänzende Tätigkeiten empfunden, die in vielen Bereichen ähnliche oder auch sogar gleiche "innere Saiten" zum Klingen gebracht haben. Ich kann mir fast keinen guten entwerfenden Architekten vorstellen, der nicht einen intensiven Zugang zur Musik hat. Das gilt natürlich auch für Wechselbeziehungen zu und unter den anderen Künsten.

(06.05.2005)