Philipp Stauber

Philipp Stauber
Philipp Stauber

Philipp Stauber ist wohl in Bayern der südlichste Archtop-Profi überhaupt; aber das macht nichts, denn sein Spiel ist von internationaler bestechender Qualität; ob Begleitung im Duo oder Single-Lines.

Wer auf Mainstream Guitar Jazz steht, sollte an dem sympathischen Chiemgauer aud keinen Fall vorbeikommen.

Man schaue sich allein mal die letzte Rezension seiner CD “Four Colours, one Picture” von Alexander Schmitz an... Verblüffend und schade, dass ihn nördlicherseits kaum jemand kennt... verdient hätte er´s...

Philipp, erzähl doch bitte, wie Du als “Bayerischer Bub” dazu gekommen bist, Jazzgitarrist zu werden. Woher kamen Deine Wurzeln?

Meine Wurzeln? Na, das waren eigentlich die Beatles; ich war ein absoluter Beatles-Fan. Ich hatte ein Foto der Beatles mit diesen typischen Anzügen und allem drum und dran; da habe ich sofort gewusst, das werde ich auch mal. Ich werde ein Beatle. Herausgekommen ist dann irgendwie etwas anderes.

Wie alt warst Du da?

Da war ich ungefähr 10. Mein Bruder war etwas älter und er hatte die ganzen tollen Platten: Beatles, Neil Young, Jimmy Hendrix, Cat Stevens, The Who... Ich dagegen hatte einen grauenhaften Klavierlehrer und so wurde das “Gegenstück dazu” Gitarre und Pop. Ich dachte damals, dass “Beatle” ein Beruf ist. Erst später habe ich gemerkt, dass es eine Band ist. Und so wollte ich eben “Beatle” werden. Dieses Bild: Ein Mann und seine Gitarre!

Wie lange hattest Du Klavierunterricht?

So ab der ersten Klasse bis ungefähr zur Fünften oder so; ca 6 Jahre, aber fürchterlich traditionell. Der Unterricht war vollkommen unattraktiv für mich. Der Lehrer hat z.B. nie gemerkt, dass ich damals gar keine Noten konnte, sondern alles auswendig gespielt habe. Das habe ich dann später auf der Gitarre bitter gebüßt und die Noten dann später schwieriger nachgeholt; Gott sei dank habe ich das ganz gut geschafft.

Später warst Du am GIT in München und in Arnheim?

Nach dem Abi habe ich gleich das Guitarinstitut in München gemacht, hatte vorher noch ein bisschen Privatunterricht, bei dem Leiter des Instituts. Ich war dann ein Jahr dort mit Abschluss.

Einen richtig guten Abschluss habe ich dann auf der Musikhochschule in Arnheim gemacht. Berkelee war halt überhaupt nicht zu bezahlen; in Deutschland wars noch nicht so weit, da waren die Schulen hoffnungslos überfüllt. Holland war eigentlich sehr aufnahmewillig, deswegen waren wir dort eine ziemlich große Gruppe deutscher Musiker, so eine Art Enklave.

Von meinen Typus her habe ich einfach die Zeit des Studiums gebraucht, in der man sich in Ruhe entwickeln kann, wo weder die Eltern nach dem Beruf fragen noch man sich direkt auf der freien Szene bewähren muss. Das hätte mich überfordert. Diese ruhige Entwicklung halte ich fast für das Wichtigste im Studium; im Kreise Gleichgesinnter lernen; ich hab Tag und Nacht geübt und hatte einfach eine gute Klicke. Die Lehrer waren ok, ich glaube die würde man überall finden; aber das Milleu, das alle den gleichen Wahnsinn machen und Abends geht’s noch in die Kneipe und das fünf Jahre lang... das war gut, das habe ich gebraucht.

Am Tag nach dem Examen bin ich zurück nach München gezogen. Es begann einfach der nächste Lebensabschnitt; als Profi.

Du bist ja hier als Profi so ziemlich derjenige, der am weitesten südlich wohnt. Wie sind Deine Kontakte jenseits der Grenze zu Österreich. Hast Du welche zu Musikern und/oder Veranstaltern?

Also, ich bin zum ganz großen Teil an München orientiert. Bin auch erst von München aufs Land gezogen, als es richtig gut lief dort. Ich kenne natürlich eine ganze Menge österreichische Musiker, die kannte ich aber auch schon in München. Österreich ist generell den Bayern näher als z.B. Nordrhein Westfalen. Da gibt es auf jeden Fall Austausch.

Die nächste größere Stadt ist Salzburg, die eine relativ in sich geschlossene Szene hat, weil dort, ähnlich wie in München, ein geldkräftiges Publikum ist, wo die Musiker kaum wegmüssen um gut leben zu können. Aber es gibt Schnittpunkte mit den Rhythmusgruppen, mit Sessions... Aber im Grunde ist mein Arbeitsraum München.

Ich mache ja regelmäßig die “Unterfahrt-Session”. Was ich allein in diesem einen Monat an Leuten kennenlerne... das macht schon viel aus. Ich mache mir halt auch sehr viel Mühe und versuche einen motivierten und guten Eindruck zu hinterlassen.

Was ist so im Moment dein musikalischen Lieblingsprojekt?

Es gibt immer einige Gleichzeitig... Meine “Lebensbaustelle”, die ich fast jeden Tag nach dem Frühstück beginne, ist Jazz alleine auf der Gitarre zu improvisieren. Das ist mein Dauerprojekt mit großen Erfolgen und schweren Niederlagen; je nach Tagesstimmung. Die Gitarre ist da einfach sehr komplex.

Ein Projekt habe ich jetzt gerade begonnen; mit Helmut Kagerer. Das ist auch in sofern schön, weil ich sonst meist ohne akkordisches Begleitinstrument spiele; ich hab mal wieder gemerkt wie toll es ist, wenn da auch noch andere Akkorde sind (lacht), wenn man selber Solo spielt.

Wie hast Du Helmut kennengelernt?

Es gab in München einen legendären Jazzgitarristen, Kosta Lukas, ein Ungar, der in Wien aufgewachsen ist. Alle Musiker der Generation über mir kannten ihn, er ist mittlerweile gestorben. Er war ein herausragender Gitarrist und ein Weltklasse-Musiker. Allerdings extrem komplex als Typ und hat sich leider sozial so in die Enge manövriert, dass er kaum mehr gespielt hat; er war zu schwierig. Aber er hat irgendwie immer ein bisschen unterrichtet; es war schon schwer genug, seine Nummer herauszubekommen und es war abenteuerlich, herauszufinden. wo er sich überhaupt aufhält. Der Helmut und ich waren zur gleichen Zeit Schüler bei ihm; Helmut schon etwas länger...

Schüler hieß dort, sich von Stunde zu Stunde etwas ausmachen, quasi in einem asylantenheim-ähnlichen Zimmer, wo eine kaputte Gitarre war und man dann drei Stunden Standards vorgespielt bekam... aber noch in der Unterhose direkt nach dem Aufstehen um 17.00 Uhr... wohl gemerkt er spielte die Standards alleine. Danach ging man auf die Piste, man hat eine Menge Zeit verbracht; anderer Meinung konnte man nicht sein, nur bewundern. Aber es blieb so viel hängen, dass es für mich immer noch ein Highlight ist, wie jemand so spielen konnte.

Helmut und ich haben einfach Kontakt gehalten, mal telefoniert, mal gequatscht. Deshalb ist es auch schön, dass sich das jetzt so zusammenführt. Nachdem wir beide so ziemlich Mainstream Jazzer sind, wird es wohl auch in diese schöne Archtop-Ecke gehen.

Stichwort Archtops: Erzähl mal etwas über Dein Equipment.

Ich habe mich generell erst sehr spät mit Equipment überhaupt befasst und lange Zeit auf Solidbodies gespielt. Nach dem Studium erst, da war ich so 28, habe ich angefangen in Jazz-Gitarren-Equipment rein zu schmecken und seit dem bin ich drin verfangen.

Meine erste richtig gute Gitarre war dann eine Byrdland, die hat mir der Thomas Keller, der Gitarrenbauer in München, zugschuberlt (wie der Bayer sagt), praktisch eine kleine L5, wenn man so will. Ich habe da zum ersten Male geblickt, was es bedeutet, wenn man eine Gitarre in solcher Güte hat. Die wurde mir aber irgendwann zu klein. Ich hatte auch noch andere Jazzgitarren, aber ich wollte dann halt gerne eine Gibson haben. Das hat nichts mit Namedropping u tun, aber alle meine Idole hatten eben Gibson-Gitarren.

Durch die Byrdland war ich dann in der Gibson-Ecke und dann bin ich gleich von dem kleinsten Modell, der “Byrdland”, die eigentlich viel zu klein ist, aufs allergrößte Modell, der Super 400, die eigentlich viel zu groß ist. Mein Schicksalsschlag: Mir habe nie die Instrument gepasst :-) Die Super 400 habe ich mir dann mühsam erspielt. Sie ist bis heute die beste Jazz-Gitarre, die ich kenne. Zusätzlich bin ich noch bei der L5 gelandet. Und so spiele ich nun diese beiden Gitarren.

Bei der bluesigen Abteilung bin ich bei einer 335 - Spieler was irgendwie ja auch klar war.

Dann habe ich noch eine Gypsigitarre Macciaferri/Selmer-Bauart von Henning Doderer und eine Flamencogitarre, eine Steelstring und eine Strat, die ich zwar nie spiele, aber sehr liebe :-)

Welche Amps bevorzugst Du für Deine Archtops?

Bei Konzerten habe ich fast immer einen Fender “DeLuxe Reverb” von Anfang der 70er Jahre; ein wunderbaren Superamp, vielleicht ein bisschen klein, aber für meine Art von Jazz reicht es fast immer. Die Röhrenverstärker sind halt soundmäßig ein bisschen anfällig, die Größe des Raumes, die Luftfeuchtigkeit... Der Sound schwankt von genial zu mumpfig. So habe ich mir nun noch einen alten Polytone besorgt, von so einem “Zugereisten”. Ein Schnäppchen, er hatte gar keine Ahnung was das Ding Wert war (lacht). (Anmerkung des Interviewers: Er hat ihn von mir gekauft :-)

Den Polytone habe ich immer schon gemocht, weil er einfach überall gut klingt und leicht ist. Und wenn´s ein bisschen bluesig wird mit angezerrter Gitarre, dann kommt noch ein Vox AC15 in´s Spiel.

Bei den Amps bin ich nicht so heikel; bei den Gitarren schon. Es wird mir nachgesagt, dass mein Sound ständig besser geworden ist; ich krieg total viel Komplimente von Leuten, die das normalerweise nicht machen und fragen: Was ist das für eine Gitarre, was ist das für ein Amp?

Das ist aber auch ein Kompliment für Dich selbst und nicht nur für Dein Equipment. Wir wollen nicht vergessen, dass der Sound in erster Line in den Fingern entsteht...

Sicher auch, aber ich muss schon sagen, dass ich, seit ich diese guten Gitarren habe, doch gerade auch von Laien unglaublichen Zuspruch habe. Das ist für mich übrigens auch eine Rechtfertigung, solch teure Instrumente zu spielen.

Wie sehen Deine Zukunftspläne aus? Gibt es noch Wunschträume, die Du hegst?

Wunschträume habe ich viele; generell. In naher Zukunft möchte ich dieses Jahr noch einmal Aufnehmen, das ist mir sehr wichtig, da ich auch viel als Sideman spiele. Da kann man schnell seinen roten Faden verlieren. Selbst aufzunehmen und zu komponieren hilft da sehr.

Am liebsten möchte ich in kleinen Besetzungen aufnehmen. Es schweben mir so verschiedene Duos mit ausgewählten Duo-Partnern vor.

Auch würde ich wahnsinnig gerne mal ein paar spezielle Leute kennenlernen.

Wen zum Beispiel?

Sehr gerne Martin Taylor, den ich neben seinem hervorragenden Spiel für humorvoll und intellegent halte. Auch Bireli Lagrene wäre jemand, der mich absolut begeistert. Die beiden sind für mich die Interessantesten. Die Frage ist, ob die da Lust drauf haben :-) Ich hätte :-))

Aber erst mal ist diese Duo-Platte wichtig, ich muss jetzt auch üben (lacht).

Na dann vielen Dank für das Interview :-)

 

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 Rezension von “Four Colours, One Picture