Klaus Röder

Klaus Röder, Jahrgang 1937, absolvierte ein Musikstudium Geige und Gitarre bevor er Zupfinstrumentenmacher wurde. Ab 1967 arbeitete er in den Meisterwerkstätten Dieter Hense, Reinhold Seiffert, Kurt Hoyer, Ernest Körösgenie und Dieter Hopf. 1975 bestand er seine Meisterprüfung. An seinem Wohnort ist er auch als Fachlehrer tätig und bildet erfolgreich Nachwuchs aus.

Herr Röder, sie haben viele Berufe erlernt: Schlosser, Grabsteinmetz, Zupfinstrumentenmacher, haben Musik studiert und zwar Gitarre und Geige. Wie ist es dazu gekommen, dass sie letztendlich Gitarrenbauer geworden sind?

Das war eigentlich sehr abenteuerlich und wie bei jedem Menschen. Die Befriedigung war in den ersten Berufen nicht so richtig da. Mir fehlte das Glücklichsein. Zu Beginn war bei mir in der Nähe eine Schlosserei. Es hat mir von Anfang an gut gefallen, handwerklich etwas zu tun. Aber letztendlich fehlte mir immer etwas.

Der musikalische Einfluss kam durch meinen Vater. Er sammelte Musikinstrumente und vermittelte diese auch weiter an Studenten. Kurz nach dem Krieg war so etwas Gold wert. So habe ich bereits in sehr jungen Jahren, weil mein Vater auch darin gut war, Instrumente spielen gelernt. Ich war ich bereits mit sechseinhalb Jahren für einen so kleinen Jungen ganz fit auf der Mandoline und der Gitarre. Das hat mich natürlich immer begleitet.

Von ihrem Vater haben sie also auch ihre ersten Gitarren bekommen?

Ja, von meinem Vater hatte ich zwei Gitarren. Eine davon besitze ich noch heute. Es ist eine eine Jazzgitarre aus der Vorkriegszeit. Trotz der einfachen Bauweise mit billigem Holz hat sie einen unerhörten Klang. Das andere war eine Konzertgitarre aus der Markneukirchner Ecke. Durch Schulzeit und weiteres Berufsleben war Musik immer meine Sache. Ich war ja auch einer der Gitarristen, die in Düsseldorf bei den „Feetwarmers“ mitspielten. Da waren Musiker wie Silberkrüpp, Lahnstein und Doldinger dabei. Ich habe diese ganze Szene damals miterlebt.

Was war denn die Initialzündung für ihre Affinität zu „Gypsy-Gitarren“?

Mein Freund Dieter Silberkrüpp bat mich einmal, mit ihm nach Paris zu fahren um bei Di Mauro eine von ihm bestellte „Django-Gitarre“ abzuholen. Wir wussten allerdings nicht, dass Di Mauro kurz vorher gestorben war. Da hingen noch vier oder fünf Gitarren. Di Mauros Witwe sagte dann: „Aber jeder nur Eine“. Dieter hat mir das dann vorgestreckt. So kam ich zu meiner ersten verrückten Django-Gitarre. Ich hab dann auch auf dieser Gitarre gespielt, aber auf Gitarrenbau war ich noch nicht gekommen, hatte ja zunächst noch meine anderen Berufe. Nebenbei habe ich ja auch Musik studiert, zunächst in Düsseldorf.

Wie kam aber dann doch noch die Wendung zum Gitarrenbauer?

Das war eine ganz unglückliche Zeit für mich. Mir ging es jeder Beziehung, vor allem aber wirtschaftlich nicht gut. Ich hatte ein Ingenieurstudium nach einem Jahr abgebrochen und wollte mein Leben irgendwie total verändern. Ich kam auf den Gedanken, mein Hobby zum Beruf zu machen, nachdem ich ja schon verschieden Sachen ausprobiert hatte. Plötzlich sah ich in einem Musikgeschäft in Gelsenkirchen eine Gitarre, die mich besonders ansprach; ich konnte gar nicht sagen warum. Sie war von einem Gitarrenbaumeister namens Dieter Hense. Der lebt übrigens noch heute hier im Ort. Ich bin dann damals in das Geschäft gegangen und habe mir seine Adresse abgeschrieben.

Irgendwo fand ich dann in einem Musikgeschäft das Buch von Janel „Die Gitarre und ihr Bau“ und habe versucht, zunächst selbst etwas damit zu machen, aber ich merkte, dass ich nicht weiter kam. Aus innerem Antrieb rief ich dann bei Hense an und fragte ihn, ob ich nicht bei ihm mal in diesen Beruf reinschnuppern könne. Hense fand das toll! Er war ja der Obermeister in Markneukirchen gewesen und kam noch kurz vor dem Mauerbau herüber. Er war dann hier allein und versuchte einen Betrieb aufzubauen. Er brauchte also jemanden; da kam ich wie gerufen. Mir hat das gefallen und mit Dieter Hense habe ich mich gut verstanden. Seine Instrumente haben mich enorm angesprochen, weil sie ein wenig aus der Reihe waren. Auch wenn er selbst keine Jazzgitarren gebaut hat, mochte er diese Instrumente sehr. Er war unter anderem auch bei Rossmeissl und Lang gewesen.

Jedenfalls wurde daraus für mich dann ein Ausbildungsvertrag - so richtig mit allem drum und dran. Ich habe das durchgezogen bis zur Meisterprüfung. Zwischenzeitlich war ich auch noch bei Dieter Hopf, Körösgenie und Kurt Hoyer, weil der auch Geigen baute; das hat mich interessiert und mir enorm geholfen für meine Jazzgitarren.

So kam es, das ich da reinrutschte. Ich musste mich dann sehr schnell entscheiden, wie ich das Ganze angehe: Eher merkantil? Wie viele meiner Kollegen, also Aufbau einer Firma, Vertrieb und so weiter? Das wollte ich so nicht. Diese Seite der Sache war mir ein wenig unangenehm. Man muss es dann eben alleine machen und etwas kleinere Brötchen backen.

Und das haben sie dann gemacht?

Jawohl, dann habe ich kleine Brötchen gebacken. Es ging ja auch gar nicht anders.

Aus den kleinen Brötchen ist aber ja doch etwas Gutes geworden, wie man sehen kann.

Ja, das kann man sagen. Aber es dauerte sehr, sehr lange. In der Zwischenzeit gab es eine ganze Menge Herzeleid, wenn beispielsweise der Absatz nicht richtig klappte. Da war ich eben nicht so richtig dabei, wie zum Beispiel Dieter Hopf, der ja sogar eigene Vertreter hatte. Mich interessierte eher die künstlerische Richtung.

Wie kam es aber dann zu ihrem Durchbruch; sie genießen ja schließlich auch international einen guten Ruf?

Da hat schon auch der berühmte Zufall mitgeholfen. Man kennt ja schließlich anfangs auch nicht die ganzen bekannten Leute und fragt sich: „Wie komme ich denn da ran?“ Über einen kleinen Umweg hatte ich Zugang gefunden zu der amerikanischen Zeitschrift „Frets“. Da habe ich dann annonciert. Hier traf ich einen Amerikaner, der ein Interview mit mir machte und das in Frets veröffentlichte. Es meldeten sich dann einige Leute, von denen ich natürlich gar nichts wusste. Und es kamen Bestellungen. Dabei waren viele Musiker, die sehr toll waren, aber nicht so bekannt. Unter anderem kamen auch Aufträge für siebensaitige Gitarren. Von den amerikanischen Kunden hat mich kein einziger je im Stich gelassen.

Einer meiner Kunden war ein Häuptling auf einer dieser „Aloha.Inseln“. Der hat einen Brief an mich regelrecht malen lassen. „Aloha, my dear friend Klaus...“ hat er geschrieben. Dem hat meine Gitarre so gut gefallen, dass er mich eingeladen hat. Ich solle vor allem auch meine Frau mitbringen. Er würde mir auch während meines Besuchs eine seine Ehefrauen als Gastgeschenk geben. (lacht laut). So etwas war eben auch dabei.

Ich hatte auch hier Kontakt zu mehreren Gypsys. Damals gab es nur ganz wenige Leute, die diese Art von Gitarren bauten. Das kam erst später mit Stephan Hahl und andere Kollegen.

George Benson hat doch auch eine Gitarre von ihnen: Die Blue Angel.

Ja, diese Sache kam über Thomastik-Infeld ins rollen. Und das war dann auch mein eigentlicher Durchbruch. Thomastik-Infeld hat den Namen von Benson für eine Saitenmarke eingekauft und hat ihm eine Gitarre von mir zum Geschenk machen wollen. Das haben wir dann miteinander abgesprochen. Die „Blue Angel“, die war dann „dedicated to Mr. George Benson“, weil wir ja den Namen ja nicht für eine Gitarre nutzen konnten, da er bei Ibanez unter Vertrag war. Durch diese Sache, mit der Übergabe und so weiter, über die ja auch in „Just Jazz Guitar“ berichtet wurde, wurde ich bekannter.

Zwischenzeitlich war ich ja dann auch hier Berufsschullehrer. Viele der Absolventen haben relativ schnell das Handtuch geworfen, weil sie mit dem kaufmännischen nicht klar kamen. Tom Launhardt ist da eine rühmliche Ausnahme. Von meinen eigenen Lehrlingen macht Otto Rauch noch heute gute Instrumente, aber nur speziell Konzertgitarren.

Ich weiß noch, aus der Zeit, als ich bei den „Feetwarmers“ war, wie der Klaus Doldinger eines Tages zu uns kam und uns sagte, dass er eine Möglichkeit bekommen hat nach Berkelee zu gehen. Das war ja für uns ein Traum. Als er wiederkam, war er ein Anderer. In Berkelee lernt man nämlich nicht nur wie man Gitarre spielt, sondern auch arrangieren, leiten, verkaufen... Das ist ja auch in meiner Branche sehr wichtig. Man braucht eine Legende, man muss sich verkaufen können. Die Qualität des Instruments muss ohnehin stimmen.

Haben sie denn auch an bekanntere Musiker in den Staaten Instrumente verkauft?

Ich habe auch viel an George Gruhn in Nashville verkauft. Wenn man dort ist, sollte man das Geschäft unbedingt besuchen. Auch die „Summer Namm“ ist sehr sehenswert. Da kann man in Nashville sehr gut die Jazzszene kennen lernen. Viele berühmte Leute sind da zugegen. Aber auch die unscheinbarsten Leutchen spielen dort teilweise eine Gitarre... da fragt man sich, wie das möglich ist. Die Konkurrenz ist natürlich viel größer dort. Auch die Identifikation mit dem Instrument erscheint mir dort höher zu sein. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Wenige, was ich dort erreicht habe, sehr gut.

Erzählen sie mir etwas über die „Jazzy Rosegarden?

Ja, die Namensgeberin dieser Gitarre war auch eine derjenigen, die sich einfach bei mir über meine Annonce in „Just Jazz Guitar“ gemeldet hat. Und weil das die erste Jazzgitarre in dieser Art war, die ich nach Amerika verkauft hatte, habe ich sie nach der Gitarristin genannt. (Anmerkung: die Gitarristin heißt Jessie Rosegarden). Gerade aktuell habe ich eine Jazzy Rosegarden mit Olivenholzkorpus gebaut.

Mein Aushängeschild bei meinen Jazzgitarren ist natürlich mein Stimmstock. Das habe ich dem Geigenbau entlehnt. Ich war bei meinen Recherchen an einen leider inzwischen verstorbenen Geigenbaumeister namens Rödig gekommen. Der hatte im Geigenbau neue Wege gefunden und auch drei Bücher darüber geschrieben. Im wesentlichen geht es um den Sinn und Wert des Stimmstockes. Rödig hat mich sehr beeinflusst betreffend der Jazzgitarre.

Was bewirkt der Stimmstock denn in ihren Gitarren für den Musiker?

Die Gitarre ändert durch das Versetzen des Stimmstockes die Klangwirkung. Je nach Standort des Stimmstockes ist das Instrument höhen-, mitten-, oder bassreicher. Zum Teil kann man das ja auch in meinem Katalog lesen.

Sie sind seit zwei Jahren in Rente und arbeiten weiter munter in ihrer Werkstatt. Was haben sie für Zukunftspläne?

Das ist eine gute Frage. Ich widme mich wieder verstärkt der Musik und der Komposition; all die schönen Künste bekommen nun mehr Zeit von mir. Aber auch in der Werkstatt werde ich weiter tätig sein. Es ist nun nicht mehr so viel Druck hinter der Arbeit, so dass man das etwas anders angehen kann.

Auch schreiben werde ich; sowohl belletristisch, fachlich und auch autobiografisch. Ich habe so viele interessante Menschen kennen gelernt, vor allem auch in meiner Zeit in Frankreich, da möchte ich Einiges aufschreiben.

19.11.2005