Rue Protzer

Rue Protzer
Rue de Paris
Rue Protzer

Rue Protzer kenne ich noch nicht allzu lange. In dieser relativ kurzen Zeit hat er es jedoch geschafft, mit drei der allerbesten Jazzmusiker, nämlich John Goldsby, Adam Nussbaum und Ack van Rooyen ein sehr gelungenes Album einzuspielen.

Darüber hinaus ist es ihm dann auch noch gelungen, Sony für dieses Album zu begeistern.

Zwei gute Gründe, diesen Archtop-Spieler ein wenig näher kennen zu lernen...

Hallo Rue, erzähl und doch zum Aufwärmen ein wenig über dein Equipment, was du benutzt.

Mein Hauptinstrument ist eine Gibson L5 CES (Baujahr 1998), die ich über einen Fender Twin Reverb spiele. Der Amp ist ein Reissue des 65 Modells – er klingt nicht ganz so, wie die alten, aber er funktioniert dafür
ohne Störungen. Das ist sehr viel wert, wenn man wie ich, kein Technik-Freak ist. Ich spiele mehrere akustische Gitarren: Als Soloinstrument eine Schnabel Konzertgitarre, für mittlere Lautstärken eine Yamaha Nylon String und sehr selten für größere Lautstärken eine Godin Nylon String. Zusätzlich habe ich eine wunderschöne Steel String von Taylor. Die akustischen Gitarren spiele ich live sehr oft über den Acoustic Cube 2a von AER.

Ansonsten bin ich eher Purist und verwende zumindest bei meinen eigenen Sachen keinerlei Effektgeräte. Ich habe auch noch eine alte Fender Strat, die ich in Verbindung mit einem Engl Verstärker bei Studio Produktionen außerhalb des Jazz einsetze.

Eine L5 mit einem Twin, dass ist das absolut klassische Setup. Du hast ja auch einen entsprechenden Ton. Was hat dich dazu gebrach, Jazzgitarrist zu werden?

Was mich dazu gebracht hat, kann ich nicht genau sagen, aber ich glaube, es war ganz einfach die Musik. Auf jeden Fall war es ein längerer Weg dahin. Nach dem Abitur habe ich ein klassisches Musikstudium absolviert. Neben dem Hauptfach Gitarre studierte ich auch Hauptfach Komposition, so dass ich mich detailliert mit harmonischen Konzepten des 20.Jahrhunderts auseinandersetzte. Da ich von klein auf Jazz hörte – meine Eltern hatten eine umfangreiche Sammlung – wuchs der Wunsch in mir, mich intensiv mit Improvisation zu beschäftigen. Ich nahm Unterricht und besuchte Workshops u.a bei Pat Metheny, Gene Bertocini und Joe Beck. Spätestens von diesem Zeitpunkt an wollte ich nur noch eins: spielen  - ich war infiziert mit dem Jazz-Virus.

Das ist eine sehr fundierte Ausbildung. Diese Workshops... bist du dafür in die USA gefahren? Wie waren deine Erfahrungen dort?

Ja richtig, ich war auch in den USA und  habe dort den „National Guitar Workshop“  besucht. Es ist etwas sehr besonderes, von so großartigen Musikern lernen zu dürfen - und das in dem Land, aus dem der Jazz kommt. Meinen New York Aufenthalt habe ich dann noch verlängert, um Konzerte zu hören, Sessions zu spielen und die einzigartige Atmosphäre dieser Stadt aufzusaugen.

Hast du Lust, ein wenig mehr über den National Guitar Workshop zu erzählen? Das interessiert bestimmt Viele; vor allem die Jüngeren...

Der National Guitar Workshop findet unter anderem in New Milford, in der Nähe von New York statt. Es werden verschiedene Stilrichtungen angeboten, so auch Jazz. Im Prinzip läuft das Ganze, wie bei jedem Workshop: es gibt Unterricht, Clinics und Sessions bis zum Abwinken. Die Dozenten sind sehr gut vorbereitet und es werden Kurse verschiedener Schwierigkeitsgrade angeboten. Ich finde es sehr beeindruckend, dass es den Organisatoren gelingt so große Namen, wie George Benson, John Scofield, Jim Hall und Pat Metheny zu verpflichten. Am besten einfach mal www.guitarworkshop.com besuchen.

Beim Thema „große Namen“ fällt mir deine neue CD „Quiet Motions “mit deinem Projekt „Rue de Paris“ ein. Neben Thomas Rückert am Piano spielen da John Goldsby und Adam Nussbaum und als Gast auch Ack van Rooyen. Die CD ist sehr ruhig gehalten und besticht durch ihre musikalische Tiefe. Erzählst du uns, wie es zu dem Projekt kam?

Den Gedanken, diese CD aufzunehmen, habe ich schon relativ lange in mir getragen. Anfang letzten Jahres hatte ich das Gefühl, endlich genau zu wissen, was ich wirklich will. Ich erzählte Thomas Rückert von meinen Plänen, fragte John Goldsby, der wiederum Adam Nussbaum ins Spiel brachte.

Adam hatte eine Produktion beim WDR in Köln und so bot es sich an, auch in Köln aufzunehmen. Zuletzt fragte ich Ack van Rooyen, ob er Lust hätte zwei Stücke mit uns aufzunehmen. Als auch er zusagte, war ich überglücklich - ich hatte meine Traumbesetzung. 

Das ist allerdings eine Traumbesetzung. Zu guter Letzt hast du auch einen Vertrag bei Sony Music bekommen für das Werk. Da kann man wohl sagen, dass alles optimal gelaufen ist?

Ja stimmt, ich hatte verschiedene Angebote und habe mich dann für Sony BMG entschieden. Eine CD zu produzieren, heißt ja auch immer ein finanzielles Risiko einzugehen. Insofern bin ich froh, wie es bis jetzt gelaufen ist. Das erste „Rue de Paris“ Album  heißt „Quiet Motion“ und wird im September bei Sony Classical veröffentlicht – natürlich freue ich mich darauf. Wir haben die CD ja schon Mitte letzten Jahres aufgenommen, doch die Verhandlungen mit den Labels und das Ganze drum herum haben die Veröffentlichung verzögert. Vielleicht ist es ja wie mit einem guten Wein, der erst ein bisschen liegen muss…. So oder so, bin ich gespannt auf die Reaktionen und ich hoffe natürlich, möglichst viele Menschen mit meiner Musik zu erreichen.

Deine Antwort impliziert natürlich, dass du weiteres mit Rue de Paris planst. Gibt es eine weitere CD oder auch Gigs?

Auf jeden Fall wird es eine weitere CD geben, ich bin sogar schon dabei erste Ideen zu sammeln. Konzerte spielen wir ab September, geplant sind Berlin, München, Frankfurt, Hamburg, Köln und Nürnberg.

Eine Tour ist für nächstes Jahr vorgesehen, die genauen Termine stehen dann auf meiner Website.

Welche musikalische Aktivitäten hast du neben Rue de Paris?

Zur Zeit spiele ich mit dem amerikanischen Sänger Tony Bulluck, sowohl im Duo als auch in Quartettbesetzung.

Außerdem spiele ich im Quintett der Münchner Sängerin Ursula Oswald und in einer Band mit dem Namen 4 at the club. Mit letzterer spielen wir hauptsächlich im Event-Bereich. Da werden wir in der Regel über die großen Agenturen gebucht und spielen für Firmen wie Siemens, BMW etc.

Ansonsten springe ich hier und da mal ein, ab und zu auch mal im Studio. Für die Zukunft habe ich mir fest vorgenommen, mich nicht zu stark zu verzetteln. Mit Rue de Paris bin ich an einen musikalischen Punkt gekommen, nach dem ich lange gesucht habe. Deswegen werde ich versuchen möglichst viel Energie in dieses Projekt zu stecken.  

(14.06.2006)

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