David Plate

David Plate
Plate - The Perception
Plate & Tiedemann

Der in Köln lebende Gitarrist, Komponist und Arrangeur David Plate gehört zur jüngeren Generation der Musiker in Deutschland. David zeichnet sich durch ein sehr beachtliches Talent, verbunden mit einer vielfältigen und soliden Ausbildung aus, die seiner Kreativität kaum Grenzen steckt. Gerade seine Vielfalt unterscheidet ihn von vielen seiner Kollegen. Grund genug, einmal einen näheren Blick auf diesen David Plate zu werfen.

David, wie bist du überhaupt auf Archtops gekommen?

Ich begann mit ca. 6 Jahren zunächst auf einer sehr einfachen Gitarre mit Nylonsaiten. Mit ca. 13 bekam ich eine Westerngitarre mit Stahlsaiten und ab 16 kaufte und verkaufte ich im Laufe der Jahre verschiedene Solidbody-Gitarren, darunter eine Gibson Les Paul Bj. 1969. Mein Musikgeschmack entwickelte sich immer mehr in Richtung Jazz, so kaufte ich mir mit ca. 18 oder 19 Jahren eine Gibson ES 175 Bj. 1950. Kurze Zeit später holte ich mir noch eine Borys Jazz Solid, die, obwohl von der Bauweise anders, sehr "archtopig" klang. Ca. 1997 erwarb ich meine Traumgitarre: eine Gibson Super 400 Bj. 1981 die ich immer noch spiele.

Welchen Stellenwert nehmen Archtops, gemessen an deinem gesamten öffentlichen Gitarrenspiel, ein?

Einen sehr hohen. Es gibt selten Gigs, bei denen die Super 400 nicht dabei ist, meistens ist sie sogar die einzige Gitarre, die ich mit zum Konzert nehme.

Welche Archtops besitzt du?

Inzwischen nur noch die Super 400. Ich schätze v.a. die Bespielbarkeit, den Sound und auch die verschiedenen musikalischen Einsatzmöglichkeiten der Gitarre.

Ja, soweit ich weiß sind die angezerrten und die Wah-wah-Sounds auf deiner CD "The Perception", auf die wir noch zu sprechen kommen, auch auf deiner S400 entstanden. Richtig?

Ja, bei den ersten beiden Stücken (“I won´t cry” und “Verdades de los sueños”) sind diese Sounds mit der S400 entstanden. Viele Zerr-Sounds fangen erst ab einer gewissen Lautstärke an gut zu klingen . Als ich noch die ES175 spielte gab es deshalb oft Probleme mit Feedbacks. Bei der S400 kann die Decke wegen der beiden eingebauten Tonabnehmer und den robusten Verstrebungen nicht ganz so stark schwingen, dadurch ist sie recht rückkopplungssicher. Mir gefällt dieser Klang sehr gut, denn ich finde er vereint den Biss einer Solidbody- und das Weiche, Edle einer Archtop-Gitarre miteinander.

Welche Saiten spielst du darauf?

Thomastik Swing Series, Flat Wound .012, gelegentlich eine ungeschliffene tiefe E-Saite

Das mit der ungeschliffenen E-Saite ist recht ungewöhnlich. Wie kamst du darauf?

Das war Zufall! Ich habe einmal in einem Satz Thomastik-Saiten eine ungeschliffene tiefe E-Saite gefunden, die wohl fälschlicherweise (?) dort hineingeraten ist. Der Klang gefiel mir sofort sehr gut und ich ging davon aus, dass die Änderung des Satzes eine geniale Idee von Thomastik war. Auf mein Nachfragen in dem Musikgeschäft in dem ich die Saiten gekauft hatte wurde mir allerdings gesagt, dass diese Saite nicht offiziell zu dem Satz gehört. Ich habe zu dieser Zeit viel im Duo v.a. mit Sängerin gespielt. Viele "funkige" Grooves waren Bestandteil des Programms und die klangen mit der ungeschliffenen Saite durch das knackigere Attack viel definierter. In Besetzungen in denen die Gitarre häufig die Bassfunktion übernimmt, schätze ich diesen Sound inzwischen sehr. Ich werde aber bestimmt auch mal eine ungeschliffene A-Saite testen, für die anderen Saiten ziehe ich allerdings den weicheren Flat-Wound-Sound vor.

Welchen Amp bevorzugst du im Livebetrieb für deinen Sound?

Polytone Mini Brute II und Fender Blues de Ville jeweils mit einer zusätzlichen 1x 12" Box von Vintage Amp. Oder direkt ins Mischpult , durch eine Mesa Boogie 2x 50W Röhrenendstufe in zwei 1x 12" Vintage Amp Boxen.

Wie nimmst du deine S400 für Aufnahmen im Studio gerne ab?

Ich spiele über den Fender Blues de Ville und nehme mit einem kleinen Kondensator Micro (z.B. AKG C-1000) die 1x12" Zoll Box ab. Ggf. wird auch ein dynamisches Mikrophon verwendet.

Welches ist die beste Archtop, die du je in der Hand hattest?

Ich habe mit meiner S400 meine Traumgitarre gefunden, hatte aber auch mal eine fantastische L5 Bj. 1939 in der Hand. Ich habe auch mal auf zwei D´Angelicos gespielt, die waren auch nicht zu verachten.

Du bist von deiner S400 genau so überzeugt wie ich von der meinen. Was ist das besondere an ihr?

Die traumhafte Bespielbarkeit und der Sound. Vielleicht liegt es ja an der Besitzergeschichte. Nach meinem Wissen war Karl Ratzer der erste Eigentümer, von ihm hatte sie Helmut Kagerer abgekauft und seit acht Jahren nenne ich sie mein Eigen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Gitarre einfach sehr gut "eingespielt" ist. Und das obwohl sie nicht immer sehr pflegsam behandelt wurde. Damit der Steg nicht verrutschen kann wurde beispielsweise ein kleines Loch durch das schöne Ebenholz und die Decke gebohrt und ein Streichholz zur Fixierung hinein gesteckt! Ja macht man denn sowas?

Auf den ersten Blick wird die Gitarre oft deutlich älter geschätzt, dabei ist sie Jahrgang 1981. Seit ich die Gitarre besitze habe ich eigentlich damit aufgehört durch die Läden zu tingeln um eine passende Gitarre zu finden. Da ich recht groß bin ist es für mich auch viel bequemer so eine große Gitarre (zumindest im Sitzen) zu spielen. Andere S400 Gitarren die ich bisher gespielt habe, hatten meist irgendeine Kleinigkeit, die mir bei meinem Exemplar besser gefiel. Es ist natürlich auch denkbar, dass man durch die richtige Einstellung z.B. der Saitenlage oder durch die Bestückung mit seinen persönlichen Lieblingssaiten, auch aus anderen Gitarren noch mehr rausholen könnte. Wer weiß, vielleicht ist aus so einem simplen Grund ja schon die eine oder andere Traumgitarre an einem "vorbeigezogen"...

Ja, da bin ich mir ganz sicher, ich finde auch, dass es oft an den Saiten liegt. Gibt es eine Archtop, die du gerne einmal spielen würdest?

Eine rein akustische Super 400 aus möglichst frühem Baujahr.

Erzählst du uns etwas über deine musikalische Ausbildung und Einflüsse?

Als Kind hatte ich durch meine Eltern hauptsächlich mit klassischer Musik Kontakt. Ich erhielt klassischen Gitarrenunterricht, spielte auch ein paar Jahre Geige. Ab meinem zwölften Lebensjahr bekam ich Unterricht bei Helmut Nieberle wodurch ich gitarristisch zum ersten Mal mit nicht-klassischer Musik in Berührung kam. Im Alter von ca. 14-17 stand ich v.a. auf Rockmusik der 70er und 80er Jahre: Deep Purple, Queen, AC/DC, Santana, Whitesnake, Gary Moore und Blues á la B.B. King und den Blues Brothers. Ich spielte in Rockbands und lernte parallel dazu durch Helmut Nieberle immer mehr Jazzmusik und -gitarristen kennen, mein Musikgeschmack wandelte sich und mit ca. 18 Jahren hörte ich immer mehr Gitarristen wie Django Reinhardt, Joe Pass, Wes Montgomery, George Benson oder Barney Kessel.

Mit 21 begann ich Jazzgitarre am Hermann-Zilcher-Konservatorium (inzw. Hochschule für Musik) in Würzburg zu studieren. Ich nahm u.a. auch Unterricht bei Helmut Kagerer und besuchte regelmäßig Workshops z. B bei John Etheridge, v.a. aber bei Karl Ratzer . Ich übte und jammte zu dieser Zeit sehr viel mit Paulo Morello alias Neli Schmidkunz mit dem ich auch das bisher unveröffentlichte Buch Karl Ratzer Guitar Solos verfasste. Mit 23 wechselte ich an die Musikhochschule Köln und zog ein Jahr später nach New York um für zwei Semester an der New School zu studieren. Ich hatte u.a. Unterricht bei Jack Wilkins, Andrei Ryabov, Richie Beirach und Joe Chambers, besuchte viele Workshops u.a. bei Mick Goodrick, Joe Diorio, Tal Farlow und Attila Zoller.

Ebenso nahm ich teil an der Kompositionsklasse von Henry Martin, die sich viel mit der Struktur "atonaler" Musik beschäftigte. Das Thema interessiert mich sehr, meine Diplomarbeit hatte schließlich den Titel Heptatonische Systeme als Kompositionsgrundlage. Wieder in Köln, machte ich 1997 mein Gitarren-Examen und studierte 1998 -2001 noch Jazzkomposition und -arrangement in Essen bei Peter Herborn. Mich faszinierte das Schreiben für große Besetzungen mehr und mehr und ich beschäftigte mich viel mit dem Orchester als Klangkörper.

Während des gesamten Studiums machte ich viele Auftritte, meistens mit Jazzbands, spielte aber auch Popmusik, Chansons, klassische Musik und im Musical. Ich unterrichtete Gitarre sowohl privat als auch an der Kölner Jazzhausschule. Seit dem Sommersemester 2005 bin ich Lehrbeauftragter für Arrangement/Computerrecording an der Musikhochschule Köln.

Deine letzte CD "The Perception" zeigt dich als ausgesprochen vielseitigen Musiker. Wie ist das Konzept dazu entstanden?

Ich wollte schon sehr lange eine CD machen, in der ich mich als Gitarrist und Komponist gleichermaßen präsentiere. Einfluss auf das Konzept hatten zweifelsohne die beiden Santana - CDs Supernatural und Shaman. Hier sind auch viele Sänger beteiligt, Santana selbst ist als Gitarrist immer präsent ohne zu dominant zu klingen. Er geht mit seinen Mitmusikern eine tolle Symbiose ein, die beeindruckend unter Beweis stellt, dass Musik eben ein "Mannschaftssport" ist. The Perception wird von Jazzmusikern oft als Popmusik bezeichnet, für Popmusiker ist es hingegen Jazz. Für mich selbst war es schon Herausforderung genug innerhalb der Grenzen dieser beiden Stilistiken zu bleiben, wo ich doch durchaus gerne auch mal richtig "old fashioned" Jazz spiele bzw. schreibe und kurz darauf einfach den Sound eines modernen Sinfonieorchesters "brauche".

Sowohl deine musikalischen Interessen als auch deine Ausbildung sind ungewöhnlich breit gefächert. Hast du den Eindruck, dass du auf einen Kristallisationspunkt zusteuerst?

Sehr gute Frage. Ich glaube, ich werde immer das Pure der verschiedenen Musikrichtungen schätzen. Es kommt oft genug vor, dass ich etwa ein 32-taktiges Stück voller 2-5-1-Verbindungen in der Klischee-Form AABA schreibe; solange es für die entsprechende Nummer funktioniert, macht es mir wenig aus, ob es als unspektakulär gilt Musik á la Jazzstandard von 1935 zu komponieren. Dennoch übertrage ich in meiner Musik oftmals Ideen aus der einen Stilistik in eine andere ohne dabei von Fusion sprechen zu wollen. Ich habe beispielsweise einmal ein Stück für eine eher traditionelle Orchesterbesetzung geschrieben in dem aber auch stark bearbeitete Samplerklänge zu hören waren wie etwa das mit Effekten aufbereitete Geräusch eines Autos, dass über Glasscherben fährt. Ich bin sehr neugierig allem gegenüber, was mein Gehör "kitzelt" und immer auf der Suche danach. Ob das alles auf einen Kristallisationspunkt zusteuert kann ich leider nicht voraussehen. Ich gehöre jedenfalls nicht zu denen, die hoffen eines Tages eine neue Stilistik zu "erfinden". Viel wichtiger ist es für mich, mich mit Musik zu beschäftigen, die meine Seele berührt.

Ich finde, dass man das auch hört. In den Aufnahmen, die ich von dir kenne, hat man schon das Gefühl, dass du sehr dahinter stehst. Gibt es so etwas wie eine "Lieblingsbesetzung" für Konzerte bei dir?

Ich spiele sehr gerne mit dem Cellisten Gunther Tiedemann im Duo. Er hat ähnlich vielseitige musikalische Interessen wie ich, die Probenarbeit mit ihm ist sehr angenehm und effektiv. Abgesehen davon ist er ein fantastischer, sehr kreativer Musiker, der seinen eigenen Weg geht.

Mit ihm zusammen hast du auch eine CD herausgebracht. Wie wird diese ungewöhnliche Besetzung vom Publikum aufgenommen?

Wenn die Leute uns noch nicht gehört haben sind sie wegen der ungewöhnlichen Besetzung oft erstmal skeptisch. Aber das legt sich meist sehr schnell, wie wir an dem positiven Feedback des Publikums und den CD-Verkäufen nach unseren Konzerten feststellen können. Viele Menschen haben zunächst keine Vorstellung davon, wie vielseitig ein Cello klingen kann. Man kann darauf Walkingbass-Linien spielen, Akkorde "schruppen", funky Grooves slappen und natürlich elegisch "schmalzen". Der Tonumfang lässt es zu, dass etwa ein solides, tiefes Begleitfundament bis zum großen C erklingt und im nächsten Moment ein Solo in Daumenlage in der dritten Oktave. Mir sind wenige Cellisten bekannt, die wie Gunther Tiedemann ständig auf der Suche nach neuen Klangmöglichkeiten sind.

Von Gitarristen ist man das schon eher gewöhnt. Es geht schon los bei den zahllosen Varianten, den Sound elektrisch oder elektronisch zu beeinflussen. Abgesehen von den X unterschiedlichsten Spieltechniken der ganzen Wes Montgomerys, Tuck Andresse oder Stanley Jordans. Besonders freuen wir uns darüber, dass unsere Programmauswahl sehr viel gelobt wird, da wir hauptsächlich eigene Stücke spielen.

Beim Thema “Spieltechniken” möchte ich nochmal auf deine Unterrichtstätigkeit zurückkommen. Es gibt eine Frage, die sicher ganz weit oben im Ranking steht: “Wie soll ich üben”; “Was soll ich üben”. Was sagt der Jazzgitarrenlehrer David Plate?

Dazu kann ich natürlich nur meine ganz persönliche Meinung abgeben: Das Wichtigste ist, einen inneren Bezug zur Musik zu entwickeln. Wer Sachen übt ohne einen tieferen Sinn darin zu entdecken bzw. zu “erfühlen”, wird zwar vielleicht sogar ein gewisses musikalisches Niveau erreichen, vielleicht wird er aber nie aus einer inneren Notwendigkeit heraus musizieren. Intensiv Musik zu hören kann ein wichtiger Richtungsweiser sein; evtl. entdeckt man ja dabei etwas Neues, das für einen selbst ein kleines Stück mehr “Offenbarung” bedeutet.

Je mehr “Eingangskanäle” beim Üben offen stehen, desto effektiver ist es oft. Wer z.B. gerade auf Pat Metheny steht, sollte sich möglichst viele seiner Aufnahmen anhören/raushören, Noten besorgen, Videos anschauen, Lehrer bzw. Kollegen dazu befragen, alles über seinen Sound im Internet und Büchern oder auch Diplomarbeiten recherchieren usw.

Wer wirklich gerade nicht weiß, was er üben sollte (vielleicht aufgrund eines kreativen ”Zwischentiefs”), sollte die Zeit nutzen, bekannte Probleme in Angriff zu nehmen. Jeder hat irgend etwas im Hinterkopf wie etwa: “Etwas zuverlässiger Notenlesen zu können wäre eigentlich gar nicht so schlecht... “Mein Timing könnte auch etwas stabiler sein... ”In der neunten Lage fühlt sich alles immer irgendwie so neblig an... “Welche leitereigenen Vierklänge stecken in HM5 gleich nochmal?... “Wie sehen eigentlich die ganzen Umkehrungen der Akkorde aus, die ich normalerweise so spiele? usw.

Jeder hat da seine ganz persönlichen Defizite unter denen er “leidet”. Je früher und gründlicher man sich daran macht, desto besser.

(26.05.2005)

     David Plate Website