Max Frankl

Max Frankl
Max Frankl
Max Frankl "Sturmvogel"

Max Frankl gehört zu der “neuen” Generation junger Spieler, die bereits sehr früh in ihrem musikalischen Ablauf auf sich aufmerksam machen konnten. In der letzten Zeit sind gleich zwei sehr beachtliche CDs von ihm zu hören gewesen. Zeit, etwas mehr über dieses junge Talent zu erfahren.

Hallo Max, danke, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Hast Du Lust, zur Einstimmung ein wenig über Deine musikalischen Wurzeln zu erzählen?

Hallo Andreas, klar, das mach ich gerne: Ich kann mich sehr gut an eine Kassette erinnern, die im Auto meiner Eltern immer lief; ich war da ungefähr 10 Jahre alt; die war von Hazy Osterwald und begann mit dem "Kriminaltango", der hat mir besonders gut gefallen; Zeitglich erzählte mir mein Papa immer von Chet Baker, da er den sehr mochte. Die Platte "Chet Baker sings", die bei uns im Wohnzimmer stand, konnte man allerdings nicht mehr anhören, da ich in jugendlichem Wahnsinn den Plattenspieler und seine Nadel zerstört hatte.

Obwohl meine Eltern beide kein Instrument spielen, war bei uns zu Hause Musik und besonders Jazz immer präsent, meine Eltern hatten ja beide die blühende Jazzhochzeit Münchens mitbekommen und waren und sind deshalb Jazzfans...

Im Gymnasium mit 13 Jahre war es dann ein Big-Band-Konzert der Schulbigband, das mich so begeistert hat, dass ich unbedingt Schlagzeug lernen wollte, ich hatte davor kein Instrument gelernt. Mein Papa meinte damals aber, dass ein Schlagzeug zu laut und zu teuer wäre; zwischen dieser Aussage und der ersten Gitarrenstunde kann ich mich an Nichts erinnern und weiss auch nicht, wie die Wahl auf die Gitarre fiel, auf jeden Fall stand die Gitarre dann irgendwann in meinem Zimmer und ich kann mich erinnern, dass ich das cool fand.

Ich hatte dann mit 13 Jahren Stunden auf der klassischen Gitarre, das hat mir auch gefallen, allerdings wollte ich ja unbedingt in diese Big-Band; mein Gitarrenlehrer hatte nur eine Grifftabelle, wo er sich die Voicings selber zusammengebaut hatte; Jazz war für ihn "irgendwas mit viel Chromatik", besonders viel mehr konnte er mir aber auch nicht darüber sagen. ich bin dann einfach in ne Probe der Schul-Big-Band gegangen und hab mir den Chart von "Desafinado" mitgenommen, was nach erst einem Jahr klassischen Unterricht für mich natürlich unspielbar war, zudem hatte ich keine Ahnung was ein D9#11 sein sollte, geschweige denn, was die anderen “gefühlten” 100 Akkordsymbole bedeuten sollten!

Trotzdem hab ich mich irgendwie durchgekämpft und bin dann ein paar Mal mit dieser Big Band aufgetreten; bei meinem ersten Konzert war ich so nervös, dass ich dachte, dass ich bei meinem Solo über einen C-Moll-Blues sicher vor Aufregung sterben würde. Das ist allerdings komischerweise nicht passiert! Das waren jetzt die absoluten Roots, so hab ich mit Musik angefangen!

Diese Schulbigband war also die erste und sie sollte ja nicht die letzte sein, in der Du Erfahrungen sammeln solltest. Bis zum BuJazzO, in dem Du so weit ich weiß von 2005 bis 2007 warst, hast Du so viele wichtige Stationen durchlaufen, dass die Aufzählung hier den Rahmen absolut sprengen würde. Pick doch bitte für uns die Allerwichtigsten heraus.

Die erste wichtige Station war sicher das Landesjugendjazzorchster Bayern, wo ich viele sehr gute junge Musiker getroffen habe und sehr viel gelernt habe. Gleich nach meiner ersten Arbeitsphase beim LJJB konnte ich dann Unterricht bei Martin Scales, der damals noch in München gelebt hat, nehmen. Martin spielt auf der ersten Jazz-CD, die ich jemals gehört habe (Scalesenders "this and more") und ich war und bin ein riesen Fan von ihm. Die Stunden bei ihm waren absolut toll, er hat mir viel beigebracht und mich mit seiner Art, menschlich wie musikalisch unglaublich motiviert.

Sicher war auch die Zeit im Landesjugendjazzorchester Bayern sehr wichtig, weil ich dort zum Beispiel auch die Musiker meiner früheren Band "Frankzone" kennen gelernt hab, mit der wir ja 2003 den Hauptpreis des Bundeswettbewerbs "Jugend Jazzt" gewonnen haben.

Zeitgleich zum Unterricht bei Martin Scales hab ich dann Johannes Enders kennengelernt, den ich ja schon vom Sehen aus unserer gemeinsamen Heimatstadt Weilheim kannte.

Johannes hat mir super Sachen gezeigt und es hat sich zufällig so ergeben, dass nach einem Konzert von Muthspiel/Bakken in der Nähe von Weilheim, Johannes mich Wolfgang Muthspiel vorgestellt hat. Wolfgang meinte dann, dass ich immer zu ihm nach Wien für eine Stunde kommen könnte, was natürlich der absolute Wahnsinn war!

In diesen paar Stunden, die ich privat bei ihm hatte, hab ich unglaublich viel gelernt und es hat mich riesig motiviert. Wunderbar war natürlich dann, dass ich bei ihm an der Hochschule in Basel studieren konnte, wo er kurz zuvor zu unterrichten angefangen hatte. Die Möglichkeit, bei einem meiner absoluten Heroes zu studieren, war sehr toll.

Die Begegnung mit Peter Herbolzheimer im Bundesjazzorchester hat mich auch sehr beeinflusst, Peter hat viel Energie und ist wahnsinnig genau, wenns um Musik geht, was eine wunderbare Eigenschaft ist. Ausserdem hatte ich ganz früher immer die CDs seiner RC&B gehört; das war dann toll, selber unter ihm seine Stücke zu spielen.

Ganz wichtig und extrem motivierend waren auch die Stunden und Begegnungen mit Ingrid Jensen, Nils Wogram, Kurt Rosenwinkel, Rainer Tempel und Frank Möbus.

Da hast Du ja eine ganze Reihe wichtiger und sehr hochwertiger Erfahrungen machen können. Wenn Du Dich stilistisch selbst beschreiben müsstest, wie würdest Du das nennen oder umschreiben?

Ich würde sagen, dass meine Musik und mein Gitarrespiel von vielen verschiedenen Enflüssen geprägt ist. Ich habe eine große Liebe für viele Gitarristen, die schon seit einigen Jahren und Jahrzehnten die Jazzszene mit ihrem Sound und ihrem Gitarrespiel bereichern. Mir fällt da Pat Metheny ein, John Scofield oder Bill Frisell. Mir gefallen auch viele ältere Gitarristen wie Grant Green oder Joe Pass, genauso wie ich ein großer Fan der "neueren" Generation von Gitarristen, wie beispielsweise Wolfgang Muthspiel, Kurt Rosenwinkel oder Peter Bernstein bin.

Trotz dieser wichtiger Vorreiter der Jazzgitarre gibt es aber auch noch andere Musiker, die mich stark beeinflussen, wunderbare Musiker wie Mark Turner, Wayne Shorter, John Coltrane, Lennie Tristano, Seamus Blake, Brian Blade, genauso wie Bands der neueren Rockgeschichte, Radiohead wird ja inzwischen sehr oft genannt. Oft ist es auch ein einzelner Song, der mir wahnsinnig gut gefällt und der mich dann beeinflusst.

Was die Kompositionen betrifft, bin ich ein grosser Fan der Arrangeurin und Komponistin Maria Schneider, die Akkorde und Melodien schreibt, die mir sehr gut gefallen.

Vor diesem Hintergrund würde ich sagen, dass mein Sound von allen genannten Musikern beeinflusst ist und man das an manchen Stellen auch hören kann. Trotzdem klingt meine Musik nicht wie eine Sammlung an Einflüssen, sondern eher wie eine Betrachtung der Jazzgeschichte aus meinem Blickwinkel, verzerrt durch das Prisma meiner Erfahrungen. Eine Reflexion der Zeit, in der ich lebe und spiele, mit Einflüssen, die von überall her kommen können.

Manchmal beeinflusst mich eine Begegnung mit einem bestimmten Menschen mehr, als die komplette Musik, die ich den ganzen Tag auf meinem iPod oder zu Hause von meiner guten, alten Stereoanlage höre.

Eine Antwort mit viel Tiefsinn, die man eher einem gereiften Menschen zutrauen würde, als einem doch recht jungen Musiker. Hast Du den Eindruck, dass die Beschäftigung mit Jazz einen Menschen tiefgründiger, reifer werden lässt?

Ich glaube, dass allgemein die Beschäftigung mit jeder Kunstform einen Menschen in irgendeiner Weise animiert, den Dingen mehr auf den Grund zu gehen. Gerade in einem so offenen System wie Musik ist es doch von entscheidender Bedeutung, wie man die Musik mit eigener Persönlichkeit und den eigenen Erfahrungen angeht.

Jazz ist für mich das Leben im kleinen Maßstab; eine Sache, die der fantastische Mick Goodrick in seinem Buch "the advancing guitarist" feststellt. Insofern glaube ich, dass einen in erster Linie das Leben und somit natürlich auch die Beschäftigung mit Jazzmusik reifen lässt. Wobei das aber nicht heißen soll, dass das allgemein so gelten soll, dass einen Jazz tiefgründiger werden lässt. Das liegt meiner Meinung nach immer bei den einzelnen Menschen und ihren Neigungen, sich auch mit anderen Themen wie Philosophie, Literatur oder Kunst im Allgemeinen zu beschäftigen. Es gibt sicher auch Musiker, die vollkommen ohne die genannten Gebiete auskommen, trotzdem ein glückliches Leben führen und großartige Musik machen.

Oh ja, die gibt es ganz sicher, im Extremfall ist dass aber leider so, dass sie durch die permanente Beschäftigung mit Musik andere Bereiche des Lebens vernachlässigen, ich könnte da zwei Spitzen-Beispiele nennen, lasse es aber. Nach den philosofischen Gedanken wieder etwas konkreter zu Dir: Erzähl uns doch bitte etwas über Dein Equipment.

Gerne! Auf "Sturmvogel" und live spiele ich eine Gibson ES-335 von 1988, die besitze ich jetzt seit zwölf Jahren und bin damit sehr zufrieden. Ich hatte immer mal wieder andere Gitarren, u.a. anderem eine Ibanez George Benson von 1982, mit der jetzt Joachim Schönecker sehr glücklich ist!

Mein Hauptamp ist ein Fender Hot Rod Deluxe, den ich auch schon seit zehn Jahren spiele. An ihm hat Peter O`Mara den Frequenzbereich des Bass-Reglers verändert, die Hallintensität runtergeschraubt, sowie eine kleine andere Modifikation der Vorstufe ausgeführt. Mit dem modifizierten Sound bin ich sehr zufrieden, klingt schön warm und trotzdem definiert. Im Stu dio habe ich für die "Sturmvogel"-Aufnahme einen Vov AC-30 gespielt, der mir sehr gefallen hat!

An Bodeneffekten benutze ich einen gebrauchten, alten "Rat"-Verzerrer, ein Boss DD-3 Delay, einen Boss Octaver, einen Digitech Jam-Man als Loop-Gerät, das grüne Line 6-Delay und ein Music-Man Volume-Pedal. An Kabeln kommen Vovox-Kabel zum Einsatz, die mich mit ihrem Klang überzeugt haben.

Sehr glücklich bin ich über die brandneue Zusammenarbeit mit "Framus"-Gitarren, seit August 2008 bin ich deren Endorser. Eine speziell für mich gebaute Custom-Shop-Gitarre ist momentan im Bau, auf die ich sehr gespannt bin. Beim Rundganz durch die Fertigungsstätten und dem anschliessenden Anspieltest konnte ich verschiedene "Mayfield"-Modelle ausprobieren, die mich alle in Punkto Verabeitung, Spielkomfort und Klang sehr überzeugt haben. Auch die persönliche Betreuung der Endorser und der hervorragende Service vor Or t haben mich begeistert, so dass ich mich sehr auf "mein" Modell freue.

Was für eine Art Gitarre wird Dein Custom-Shop-Modell?

Das wir eine "Mayfield-Custom" sein...

Erzähl doch bitte etwas über Deine neuste CD “Sturmvogel”.

Bei den "Sturmvogel"-Aufnahmen spiele ich eine Gibson 335 von 1988 über einen neuen VOX-AC 30, der mit zwei verschiedenen Mikrofonen abgenommen wurde. An Effekten kommen ein Boss Delay, eine Boss Loop Station und ein Boss Octaver zum Einsatz, genau wie der Verzerrer "The Rat", den ich verwende, um meinem Sound ein wenig mehr Kompression hinzuzufügen. Was die Saiten angeht, spiele ich generell 11er-Sätze, aber mit etwas stärkerer e' 0.12 und stärkerer h-Saite, einer 0.15.

Die Aufnahmen zu "Sturmvogel" waren eine sehr tolle Erfahrung. Die Kompositionen für diese Platte sind über einen längeren Zeitraum entstanden und wurden extra für diese Band geschrieben. Unser Co-Produzent Wolfgang Muthspiel war ein sehr wertvoller Einfluss, sowohl vor Ort im Studio, als auch im Vorfeld der Aufnahmesession. Insgesamt waren wir für "Sturmvogel" drei Tage im Studio, wozu dann nochmal zwei Tage Mischen und Mastern kamen.

Die Arbeit im Studio war sehr entspannt und trotzdem sehr fokussiert, was nicht zuletzt auch an Roland Baumann lag, der sein Studio perfekt beherrscht und uns sehr gute Bedingungen geschaffen hat, wo wir dann nur noch spielen brauchten, weil wir wussten, dass alle anderen Aspekte von Roland optimal eingestellt waren.

(12.10.2008)

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