Henriksen Jazz Amp Convertible

 

Jahrelang habe ich jetzt AER Verstärker gespielt und weiß sie auch alle auf Ihren hochwertigen Klang hin zu schätzen. Was mich aber immer schon gestört hat ist, dass die Verstärker zwar laut sind, aber die Gitarren, die ich im Laufe der Zeit besessen habe, sich nicht wirklich in lauteren Bandsituationen durchsetzen konnten. Und diese musikalischen Situationen überwiegen meinen musikalischen Alltag…

Der Black Face von Reußenzehn holt schon eine ganze Menge Schub raus und klingt wie hier in Archtop-Germany beschrieben wirklich gut. Leider lieferte die Kombination AER AC3 und Black Face dauerhaft kein befriedigendes Ergebnis.

Was nun? Klein, laut, durchsetzungsfähig und günstig sollte es wenn möglich sein.

Nach diversen Forumsdiskussionen in amerikanischen Foren habe mich dazu entschieden einen Jazz Amp Convertible von Henriksen zu bestellen. Da ging es dann auch los. Kein Vertrieb in Deutschland, der nächste in Den Haag.

Aufgrund des niedrigen Dollarkurses habe ich dann direkt bei Henriksen in der USA bestellt, per Kreditkarte bezahlt und sechs Tage später (inkl. Wochenende und Zoll) war der Verstärker dann da. Aufgrund der vielen positiven Kommentare prominenter Jazz Amp Spieler auf der Jazz Amp Homepage waren die Erwartungen entsprechend hoch.

Die technischen Details lassen sich in aller Fülle auf der Hersteller Seite (www.jazzamp.com) in Erfahrung bringen.

Lieferumfang: Box mit 10“ Speaker, Top Teil, Speakerkabel (Klinke – Klinke), Tasche, Netzkabel. Alles war sorgfältig verpackt.

Zuerst ein Mal habe ich mich erschrocken wie klein die einzelnen Teile sind.. Auf den Bildern des Herstellers sieht das Gerät gigantisch aus. Das ganze ist nicht viel größer als ein Acousticube.

Im Einzelnen:

Das Topteil macht einen sorgfältig verarbeiteten Eindruck. Der Verstärker ruht in einem sauber lackierten Blechgehäuse. Die Potis und Schalter sind sauber eingesetzt und alles läuft ohne Probleme, wobei die Potis vielleicht schon etwas zu leicht gehen (Verstellen sich in der Tasche schnell).

Auf der Vorderseite sind die EQ-Potis, Line Out (XLR), Reverb Regler sowie der Powerschalter angebracht. Dieser leuchtet in Betrieb rot.

Auf der Rückseite des Gerätes befindet sich die Kühleinheit, zwei Speakeranschlüsse sowie Netzteil Eingang und ein Spannungswahlschalter. Alles ohne Beanstandung verarbeitet.

Für den stabilen Stand sind an der Unterseite vier „Gummifüße“ angebracht.

Der 10“ Speaker ist sauber in das Boxengehäuse eingelassen und verschraubt. Das Boxengehäuse hat einen granitähnlichen Kunststoffüberzug. An der Oberseite ist ein Tragegriff angebracht. Gummifüße sorgen auch hier für einen sicheren Stand.Das Boxenkabel macht einen „dicken“ und hochwertigen Eindruck.

Die Tasche zeigt sich als sehr geräumig und nützlich. Im Innenraum lässt sich neben dem Amp noch das Ein oder Andere verstauen. Die Verarbeitung der Tasche macht einen sehr robusten Eindruck, aber das wird sich erst im Laufe der Zeit zeigen…

PRAXIS:

Verkabelt, angeschlossen, funktioniert. Zu Hause habe ich den Amp mit meiner Sonntag-Archtop mit Floating Kent Armstrong PAF und einer Ibanez GB200 getestet.

Beim ersten Anspielen merkt man, dass der Verstärker hält was versprochen wird. Der Ton springt einen wahrlich an. Fett und druckvoll kommt es aus dem Speaker. Der Klang der Gitarre wird sehr gut und unverfälscht übertragen. In allen Lagen wird der Ton gleichmäßig wiedergegeben. Keine Tonlage wird als übermäßig laut oder leise empfunden. Der Verstärker klingt wirklich gut.

Laut Hersteller ist der Clou des Ganzen die Klangreglung, die anders als bei Standardregelung die einzelnen Frequenzbänder direkt anspricht. Es funktioniert einwandfrei. Mit meiner siebensaitigen Sonntag müsste ich im Bassfrequenzbereich etwas mehr geben. In der Situation mit Kontrabass nehme ich die Bassfrequenzen etwas zurück. Der Ton bleibt immer noch voll genug, ordnet sich aber ein wenig unter. Die Anderen Frequenzen bleiben davon weitestgehend verschont, also kein Kompromiss. Der Gesamtsound wird nicht dünner wenn der Bass zurück gedreht wird… Super Sache.

Die Potis arbeiten in jede Richtung um je 10 db. Ich muss zugeben, dass das Ganze zuerst etwas gewöhnungsbedürftig ist.

Mit der GB200 arbeitet der Verstärker ebenfalls gut zusammen. Durch die elektrische Bauweise hat sie noch etwas mehr Substanz im Ton.

Der Gesamtklang kann als sehr warm/dunkel und ausgewogen und wirklich fett beschrieben werden. Der Klang der Gitarre steht dabei eindeutig im Vordergrund. Nuancen werden deutlich wiedergegeben.

Das der Hersteller den Sound eines Polytone Verstärkers als Arbeitsgrundlage genommen hat, ist nicht mehr wahrzunehmen. Es klingt nach Gitarre und nicht nach Polytone ;-)

Der eingebaute Hall lässt sich nicht editieren oder anpassen. Lediglich die Intensität des Halls lässt sich über einen Poti Regeln. Der Hall kling relativ kurz und kann als kleine Unterlage, um das Ganze etwas zu öffnen, verwendet werden. Als eigenständiger Effekt kann er nicht glänzen. Für mich ist er aber so ausreichend.Der Ton des Verstärkers braucht grundsätzlich keinen Hall.

In lauten Situationen zeigt der Kleine wieder seine Stärke. Der Ton ist immer fett und präsent. Im Vergleich zum AER AC ist der Ton wesentlich dichter und präsenter.

FAZIT:

Ich muss zugeben, dass ich als jahrelanger AER Spieler mich erst ein paar Minuten an den direkten Ton gewöhnen musste. Aber das ging schnell vorbei (dazu später mehr).

Der Kleine kann genau das, wonach ich gesucht habe. Er verstärkt meine Gitarre in allen Bereichen ohne dass ihm die Luft ausgeht. Im Vergleich zum AER AC2 und 3 hat er da einen deutlichen Vorteil. Auch die Klangreglung weiß mich bislang zu überzeugen. Ich bin mal auf die ersten Extremräumlichkeiten gespannt.

Die Ausstattung des Verstärkers ist eher „sparsam“ ausgelegt. Da kennt man anderes, aber hat man das als Jazzer je wirklich gebraucht ??? In Punkto Leistung / Größe / Bedienerfreundlichkeit bin ich mehr als zufrieden.

Als Negativpunkt muss der Hall genannt werden. Zu viel darf man ihn nicht einsetzen. Noch ein Mal zum Vergleich mit dem AER: Der AER ist definitiv der König der leisen Töne.

Der Jazz Amp klingt leise genauso gut wie laut. Aber was es angeht einen räumlichen luftigen Ton zu gestalten ist AER ungeschlagen, was nicht zuletzt an den vorzüglichen Hallprogrammen liegt. Ich werde in Zukunft zweigleisig fahren. Klar kann der Jazz Amp nicht wie eine Röhrenamp klingen, aber er kommt in Punkto Tondichte und Sättigung verdammt nahe ran.

Ein Polytone ist kein Vergleich. Er ist eben für Spieler geeignet, die nach Polytone klingen möchten. Da entscheidet zum Glück der Geschmack.

Hersteller: www.jazzamp.com 

von: Oliver Kuiper