Joe Striebel 17’’ Custom

Diese 17’’ Custom von Gitarrenbaumeister Joe Striebel ist (wieder mal) ein wirklich wahres Meisterstück. Optik und Sound sind fabelhaft... aber der Reihe nach:

Wunschgemäß war Sinn der Sache, eine hervorragend klingende Archtop zu bauen und dabei weitgehenst auf rein dekorative Elemente zu verzichten. Dazu gehören auch die Inlays im Griffbrett, da die Orientierung über die Dots am Halsrand zur Spielerseite hin völlig ausreichen. Ausnahme: Ein kleines Kunstwerk im 12. Bund. Welches, das war Joe freigestellt. Es sollte gewissermaßen eine Überraschung sein.

Die sonstigen Vorgaben waren lediglich die durchgängige Verwendung von Ebenholz, wo dies eben möglich ist, der Verzicht auf das Schlagbrett und die Halsmaße. Diese wurden meiner Gibson Super 400 entnommen, allerdings bei einer Verkürzung der Mensur auf 64 cm.

Dabei ist, wie man sehen kann, eine Archtop von schöner schlichter Eleganz entstanden, die ansonsten erkennbar feinste Materialien zeigt.

Das Joe Striebel für solche Materialien bekannt ist, ist mittlerweile bekannt. Auch hier ist wieder alles vom besten. Die völlig handgearbeitete Fichtendecke ist “das Muster” all seiner 17’’- Decken, sehr altes Holz.

Das Material von Boden und Zargen sorgt für die erste Überraschung: Hier hätte man Riegelahorn erwartet, wie es fast überall Standard ist, Joe Striebel verwendete jedoch für diese Archtop das wesentlich schwerer zu verarbeitende Anegree. Anegree ist ein afrikanisches Holz, das den Klangeigenschaften und auch der Optik von Riegelahorn ähnelt, aber einen etwas wärmeren Klang erzeugt. Joe meinte, das würde gut zu meinem Stil passen, womit er bewies, wie sehr er beim Bau seiner Instrumente auf die Besonderheiten der Musiker einzugehen versteht.

Der Hals dagegen ist natürlich aus Riegelahorn und besteht bis zur Spitze der Kopfplatte inklusive Halsfuß aus einem einzigen Stück !!! Lediglich an der Seiten der Kopfplatte wurde wurden zwei kleine Streifen angefügt. Diese ist natürlich typisch Striebel und mir Schallermechaniken bestückt, natürlich mit Ebenholzflügeln.

Dieses Material ist dann, wie eben gewünscht, durchgängig an der Gitarre zu finden. Ganz selbstverständlich zunächst beim Griffbrett, das übrigens so perfekt abgerichtet ist, wie das nur möglich sein kann. Desweiteren finden wir das Ebenholz bei Steg, den Reglerknöpfen, der Abdeckung für den Stahlstab und natürlich beim Saitenhalter verwendet.

Die Verarbeitung dieser Gitarre kann man nur als makellos bezeichnen. Da ist aber auch rein gar nichts zu finden, was nicht 100% akurat gearbeitet wurde.

Eine ganz besondere Überraschung war das mit Spannung erwartete kleine Kunstwerk im 12. Bund der Gitarre. Wer die CD “Solo Archtop Guitar” (hier erhältlich) kennt, wird die Figur wiedererkennen. Sie ist auf der CD zu sehen. Der von meinem Freund und Maler Fred Zawadzki in seiner unnachahmlichen Kunst dargestellte Archtop-Spieler wurde von Joe super umgesetzt. Damit hatte er mir natürlich eine große Freude gemacht. Wenn man jetzt noch weiß, dass das Gemälde von Fred Zawadzki ein Portrait von mir darstellt... :-)

Der akustische Ton der Gitarre ist wirklich grandios. Bereits bei dem noch völlig uneingespielten Instrument zeigen sich im Klangspektrum feine Transparenz, sehr angenehme Wärme (das Anegree), durchsetzungsfähige Höhen, trockene Bässe und hohe Lautstärke.

Dies wird dann noch deutlicher, wenn man die Gitarre von jemand anderem spielen lässt und sie sich von vorne anhört. Philipp Stauber war, obwohl er selbst über einige ganz hervorragende Archtops verfügt, bei dieser Aktion kaum noch von der Gitarre zu lösen, was mir gut verständlich ist ;-)

Die Gitarre wird ganz sicher durch das Einspielen ein noch feiner nuanciertes Klangspektrum bekommen, was aber leider eine längerfristige Angelegenheit ist.

Für die nötige elektrische Abnahme dieser Striebel sorgt ein Prototyp des AER Archtop Floating Pickup. Dieser PU ist ein gelungener Nachbau des kaum zu bekommenden (oder zu bezahlenden) Gibson Johnny Smith PU. (Vergleichstest). Der Pickup sorgt für den amtlichen klassischen Sound und gibt dabei die Nuancen der Gitarre sehr gut wieder. Über einen AER Acousticube 3 gespielt sind alle angenehmen elektrischen Sounds mit dieser Archtop problemlos zu bekommen. Auch röhrig, mit einem Reußenzehn “Black Face” geht sie tierisch ab.

Ich hatte noch keine Gelegenheit sie über einen Fender-Röhren-amp zu spielen, aber nach dem Reußenzehn-Test...

Fazit: Mit dieser 17’’ Custom hat sich Joe Striebel ein kleines Denkmal gesetzt. Die Gitarre ist ein Paradebeispiel für allerhöchste Handwerkskunst, gepaart mit kunstvoller Liebe zu den Details und einer makellosen Umsetzung. Die schlichte Eleganz der Gitarre mit einem warmen durchsetzungsfähigen akustischen Ton gepaart ist absolut meisterlich!

von: Andreas Polte