“Größe zählt” - ein Hörvergleichstest dreier Sonntag-Archtops der Größen 16´´. 17´´ und 18´´.

von Dr. Marcus Sleightholm

St. Michel de Frigolet, Provence, Frankreich, 7. Oktober 2006

Zum Ende des von Stefan Sonntag veranstalteten Workshops Jazz in der Provence hatte Bruce Forman eine Idee: Er wollte Archtops verschiedener Größen miteinander vergleichen um zu sehen, wie ein Publikum die Charakteristiken einer 16'', 17'' und einer 18'', akustisch gespielt in einem A/B/C-Vergleich, bewertet.

Stefan Sonntag baute alle drei Gitarren in gleicher Bauweise: Alle hatten Parallel-Bebalkung und Floating Pickups am Schlagbrett befestigt, sechs Saiten und Standard-Ausstattung. Die 16” hatte einen Saitenhalter aus Metall, die anderen beiden Saitenhalter aus der Materialkombination Holz/Metall.     

v. l.: Bruce Forman mit der J18hAugusta, Stefan Sonntag mit der J17h Standard, Uli Hoffmeier mit der J16H Ballade
 

Alle Gitarren waren mit 13er D'Addario Saiten bespannt. Der Test wurde im Hof des Relais de la Treille Bistro ausgetragen (vor Öffnung der Bar).

Bruce Forman und Ulrich Hoffmeier spielten beide alle drei Gitarren vor einem aus Gitarristen bestehenden Experten-Publikum, die in Reihen, 3, 6, 9 und 15 Meter entfernt vom Gitarristen saßen. Zu guter letzt waren drei der Zuhörer in jeder Reihe des Publikums platziert.

Die Zuhörer wurden gebeten, die Instrumente nach Lautstärke und Raumpräsenz/Klarheit zu beurteilen.

Die Testhörer des Vergleichstest in Person der Kursteilnehmer, verteilt auf vier Reihen.
 

Jeder der beiden Spieler spielte seine normale mezzo forte Lautstärke in mehreren Testsequenzen, einer kurzen Akkordsequenz auf den tiefen vier Saiten zwischen dem 3. und 7. Bund, einer kurzen Akkordsequenz auf den hohen vier Saiten zwischen dem 3. und 7. Bund, einer Singlenote Linie auf den drei tiefen Saiten im Bereich des 3. Bundes und einer Singlenote Linie im Bereich des 10. Bundes. Jedes Spiel wurde für das Publikum dreimal wiederholt, zunächst auf dem 18'', gefolgt von dem 17'' und zuletzt dem 16'' Modell. Das Publikum wurde um Bewertung jeder Gitarre gebeten in Lautstärke und Raumpräsenz/Klarheit.

Wenn man das Konzept von Lautstärke und Raumpräsenz/Klarheit betrachtet und die Daten bewertet, wobei 3 "bestens" und 1 "schlechtestens" bedeutet, kann man die Daten auswerten und numerisch analysieren.

Die kombinierten Bewertungen für Uli und Bruce sehen so aus:

 

 

 

3 m
Volumen

3 m
Klarheit

6 m
Volumen

6 m
Klarheit

9 m
Volumen

9 m
Klarheit

15 m
Volumen

15 m
Klarheit

16´´

15

16

11

11

12,5

15

12,5

16,5

17´´

19

18,5

21

21

19,5

19,5

18,5

15,5

18´´

16

13,5

17

16

16

13,5

17

16

 

 

 

 

 

Die kombinierten Bewertungen für Lautstärke und Klarheit:

 

 

 

3 m

6 m

9 m

15 m

16´´

31

22

27,5

29

17´´

37,5

42

39

34

18´´

29,5

33

29,5

33

 

 

 

 

Interessanterweise ist festzustellen, dass die 17'' durchgängig alle höchsten Bewertungen hat, und dass es einen feststellbaren Höhepunkt bei 6m gibt, der danach mit zunehmender Entfernung abfällt, während die 18'', zwar insgesamt tiefer bewertet, eine gleichmäßige Bewertung unabhängig von der Entfernung des Zuhörers erreicht. Paradoxer Weise schwächelt die 16'' in beiden Bewertungen an der 6m-Marke.

Gesamtwertung:

16” - 109.5 Punkte, 17” - 142.5 Punkte, 18” - 125 Punkte

Wenn man diese Daten in eine Standard Statistik Software (SPSS v13) eingibt, sieht das Ergebnis folgendermaßen aus:

Zunächst die individuellen Wertungen für Lautstärke und Raumpräsenz/Klarheit:

 

 

Als nächstes die kombinierten Wertungen für Lautstärke und Raumpräsenz/Klarheit als Hauptbewertung für jede Hördistanz:

 

 

Unmittelbar nach den Hörtests stellte ich den Zuhörern ein paar Fragen, ohne dass sie die Datenanalyse kennen konnten.

Q.: Wenn Sie nach Ihrer ersten und einzigen Gitarre suchen würden, welche würden Sie wählen ?

A.: 18” - eine Nennung; 17” - sechs Nennungen; 16” - zwei Nennungen.

 

Q.: Mit welcher Gitarrengröße möchten Sie nicht spielen?

A.: 18” - drei Nennungen; 17” - keine Nennung; 16” - vier Nennungen.

 

In Unterhaltungen nach dem Test mit den Zuhörern wurden folgende allgemeine Meinungen laut: 

- Einige zeigten darüber Überraschung, dass die 18'' nicht Testsieger wurde.
- Die meisten Zuhörer erwarteten, dass die Größe der Gitarre gleichzusetzen ist mit "besser".
- Allgemein schien die 17'' am schönsten zu klingen und am besten balanciert zu sein.
- Ein Zuhörer meinte, dass die 16'' den klarsten Klang hatte.

 

Als nächstes hörte ich mir die Diskussion zwischen Bruce und Uli über den Test an:

    B.F.Ich hatte das Ergebnis nicht erwartet, ich dachte, die Unterschiede wären größer als die, die wir fanden.

    U.H. Ich war auch überrascht, auch von der Ähnlichkeit der Spielerfahrung und aus der Hörweise vom Platz des Spielers.

    B.F. Die Größe spielt eine Rolle!

    U.H. Oh Sch…!

    B.F. Aus der Sicht des Spielers macht die Größe andere Unterschiede. 17”-Gitarren klingen am traditionellsten und sind am besten zwischen Höhen und Tiefen balanciert. Die 16” ist leichtgängiger, elastischer. Ich vergleiche sie mit einem Ferrari, sie spricht schneller an und reagiert auf Dynamikwechsel schneller als größere Gitarren.

    U.H. Ja, die 18'' ist "schwammig", so wie Kaugummi.

    B.F. Die 16” reagiert schneller und liefert im Single-Line-Spiel bessere Nuancen.

    U.H. Die 18” ist für ein akustisches Spiel in einer Big Band vor 2000 Zuhörern immer noch besser.

    B.F. Natürlich war die Projektion der 18'' bei 20 Metern besser.

    U.H. Ich denke, ich wähle die 16'' für kleine Combo-Besetzungen.

    B.F. Ich bevorzuge immer noch die 16'' - ich finde sie schneller und besser fokussiert.

    U.H. Aber der Frequenzumfang ist schmaler, insbesondere auf der Basssaite. Aber sie beißt sich durch.

    B.F. Ich denke aber auch, dass hier einige verwirrende Faktoren sind. Besonders das Alter der Gitarre. Alle neuen Gitarren "altern" im Laufe der Jahre, sie werden weicher in den Höhen.

    U.H. Ja, da stimme ich zu.

    B.F. Eine alte 16'' L5 hat eine perkussive Kehligkeit in ihrem Ton.

    U.H. Die letzte alte Gitarre, die ich gespielt habe, war eine Super 400. Stefan’s (Sonntag) Augusta beißt sich besser durch.

    B.F. Die 17'' ist einige Jahre älter als die 18'' und die 16'' die wir spielten. Das mag einen Effekt auf ihren Ton gehabt haben. Alle Saiten waren 13er Round Wound obwohl die 17'' mir das Gefühl geringerer Saitenspannung gab. Aber das hat vielleicht etwas mit dem Saitenwinkel hinter der Brücke zu tun haben. 

    U.H. Natürlich führt eine längere Mensur zu einem größeren Sound, obwohl alle Gitarren die Mensur von 25,5'' hatten.

    B.F. Die 16'' hat einen Saitenhalter aus Metall, das mag auch einen Unterschied ausmachen.

    U.H. Insgesamt waren jedoch geringere Unterschiede, als ich erwartet hatte.

    B.F. Ich hatte mehr Unterschiede im Ton erwartet.

    U.H. Wir Spieler haben natürlich eine unterschiedliche Perspektive als unser Publikum, wenn es um den Ton geht.

     

    M.S. Welche Gitarre hättet Ihr am liebsten dabei, wenn Ihr auf einer einsamen Insel gestrandet wärt?

     

    B.F. Die 16” – sie entspricht meinem Stil, ich tendiere dazu einen dunklen Ton aus einer Gitarre zu bekommen.

    U.H. Für die Insel - die 17”. Aber ich wähle immer noch jederzeit die 18'' für das Spiel mit einer Big Band.

     

Text, Fotos und Grafiken erscheinen mit freundlicher Genehmigung von Stefan Sonntag. Danke!