D’Angelico Excel 1938

Wenn man mit einem Gitarrebauer, welcher auf Archtops spezialisiert ist, über John D’Angelico spricht, fällt sofort die Hochachtung auf, die andere Meister des Gitarrenbaus vor ihm haben. Man sieht leuchtende Augen, anerkennendes Nicken und ähnliche Zeichen allerhöchster Wertschätzung. D’Angelico gilt unumstritten als DIE Legende des Archtop-Baus. Verstehen kann man das allerdings nur dann, wenn man mal eine in der Hand hatte. Sein sagenumwobener Ruf wird diesen Instrumenten gerecht.

Kurzbiographie
John D’Angelico wurde 1905 als erstes von vier Kindern in New York City geboren. Seine Familie stammte aus Neapel. 1914, im Alter von neun Jahren, begann er eine Ausbildung bei seinem Großonkel Raphael Ciani, in dessen Werkstatt Violinen, Mandolinen und Flattops gebaut wurden. Als Ciani starb, übernahm John noch als Teenager die Leitung der Werkstatt mit rund einem Dutzend Arbeitern. Danach eröffnete er seine eigene Werkstatt im Alter von 27 Jahren. D’Angelico beschäftigte sich weiterhin mit dem Bau von Geigen, Mandolinen und ab diesem Zeitpunkt erstmals auch mit Archtops. Bei Letzteren handelt es sich zunächst um Kopien der Gibson L5, einer Weiterentwicklung, die auf Lloyd Loar bei Gibson zurückging. Aufgrund seines großen Fleißes und Ehrgeizes waren D’Angelico’s Archtops bereits in dieser Phase qualitativ den Gibsons ebenbürtig. Geld und Wohlstand interessierten John nicht sonderlich, er blieb lieber sein eigener Herr und baute seine Instrumente einzeln von Hand, in enger Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Musiker. Sonderwünsche waren ihm willkommen, denn sie ließen seinen Erfahrungsschatz wachsen.

Irgendwann war es dann soweit, dass viele Musiker auf der Suche nach einem bestimmten Sound, den nur D’Angelico kreieren konnte, zu ihm kamen. John D’Angelico war kompromisslos in seiner Arbeit, aber er erzählte offen über sein Tun, ließ Kunden dabei zusehen und erklärte ihnen über das Was, Wie und Warum seines Schaffens. In den frühen 1950er Jahren mietete D’Angelico den kleinen Laden neben seiner Werkstatt und riss die Wand dazwischen ein. Mit dem neu gewonnenen Platz entstand ein attraktiver Ausstellungsraum. Jedoch brach das Haus zusammen und D’Angelico wurde zunehmend depressiver. Der junge Jimmy D’Aquisto, welcher bereits ein wenig bei D’Angelico gelernt hatte, ermutigte ihn eine neue Werkstatt zu eröffnen. Im Alter von 59 Jahren jedoch verstarb John D’Angelico nach wiederholten Herzattacken am 01.09.1964. Er wurde in einem Familiengrab auf dem Calvary Cementary Queens/New York bestattet. Der Grabstein trägt als einzige Inschrift „D’Angelico“. Laut seinen eigenen Büchern schuf er insgesamt 1164 Instrumente, eine rare Zahl für die wahrscheinlich besten Archtops der Welt. Wohl kein anderer Archtop-Hersteller hat die ihm folgenden Gitarrenbauergeneration so sehr beeinflusst wie John D’Angelico. Seinen Originalen wohnt ein unvergleichliches Flair inne.

Nicht verwunderlich, dass jeder Gitarrenbauer der etwas auf sich hält, irgendwann einmal eine Archtop nach den Plänen D’Angelicos anfertigt, oder sich zumindest davon inspirieren lässt (siehe beispielsweise Striebel und Sonntag).

Zur Gitarre

Die Excel war das dritte Archtop-Modell aus der Werkstatt D’Angelicos nach den Modellen „A“ und „B“. Trotz eines gewissen Modellrahmens war kein Instrument dem anderen haargenau gleich. Sonderwünsche der Musiker und die Tatsache, dass hier nur von Hand gebaut wurde, erklären dies im Wesentlichen. Die Excel ist nahezu mit einer Gibson L5 zu vergleichen, was die grundlegenden Teile, 17’’ Korpusform und vollmassive Korpusbauweise angeht.

Des Weiteren verfügt sie über eine Decke aus Sitka-Fichte sowie Hals, Kopf, Zargen und Boden aus amerikanischem Ahorn. Ihr Griffbrett und die Brücke sind aus Ebenholz gefertigt. Korpuseinfassung, Hals, Kopfplatte und F-Löcher sind aufwendig mit teilweise mehrlagigem Binding verziert. Ihre weiteren Dekorationselemente auf Griffbrett und Kopfplatte zieren Perlmutteinlagen. Auffällig und sehr selten sind die feinen geometrischen Ziselierungen in den Perlmutt-Inlays im Griffbrett. Das habe ich so bisher auf keinen anderen (Fotos) von D’Angelico’s gesehen. Die Mechaniken stammen von der Firma Grover.

Der massive Messing-Saitenhalter auf diesem Modell ist ein Vorläufer des von D’Angelico bevorzugten „Stair-Step“-Designs, welches sich später auch im Pickguard und den Mechaniken wieder finden wird. Dieser Saitenhalter wurde 1938 erstmals eingesetzt. In seiner endgültigen Form fand er ab 1940 Verwendung (Auf der Excel ab 1943).

Die Gitarre ist vollakustisch und ohne Cutaway gebaut, verfügt auch über keinen Pickup. Damit entspricht diese Gitarre haarklein den bekannten Excel Originalen dieser Ära, eine echte Rarität. Die hier gezeigte Gitarre wurde nach den Büchern des Meisters am 23.06.1938 an Al Chernet (ein großartiger Studiomusiker seiner Zeit) verkauft. Zwischendurch war sie im Besitz von Brian Setzer und Heiner Franz. Der jetzige Besitzer möchte aus verständlichen Gründen nicht genannt werden.

Wenn man die Gitarre in die Hand nimmt fällt sofort das geringe Gewicht (trotz des sehr massiven Saitenhalters) auf. Sie klingt auf den ersten Ton bereits sagenhaft, hat einen wirklich strahlenden und leuchtenden Klang, der mit sehr warmen Mitten und einem knackigen Bass ergänzt wird. Egal, in welchen Lagen man auf dieser ´38er D’Angelico spielt, die Noten reihen sich wie einzelne Perlen an einer Kette anstandslos aneinander.

Selbst allerhöchste Töne auf dem Griffbrett singen noch voller Lebendigkeit und die Bässe sind wunderbar klar und prägnant. Sensationell auch Ihre Ansprache: Ich habe nur sehr selten eine Archtop gehört, die so sensibel auf den Spieler, auf jedes Streicheln, reagiert. Sowohl Attack als auch Sustain sind unfassbar präsent. Ein Akkord sanft angeschlagen, steht im Raum wie eine Eins, und steht und steht und steht, noch dazu in allen Frequenzen gleichmäßig. Sie hat, trotz der 10 Jahre, die dazwischen liegen, klanglich eine sehr große Ähnlichkeit mit der D’Angelico Excel 1948, die ich für Grand Guitars testen durfte (siehe dort). Insgesamt habe ich nun im Laufe der Jahre vier mal das große Glück gehabt ein solches Instrument testen zu dürfen und war jedes Mal gleichermaßen überwältigt.